Weshalb dauert Nachfolge so lange?
13.10.2023 | Artikel von Mischa Towfighi
Bis zum Jahr 2026 stehen laut Untersuchungen von STATISTA fast 3,7 Millionen deutsche Unternehmen zur Übergabe an. Bei dem größten Teil dieser Unternehmen handelt es sich um mittelständische Familienunternehmen, deren geschäftsführender Gesellschafter vor der Aufgabe steht, seine Nachfolge zu regeln. Diese Aufgabe bedeutet, eine Lösung zu finden, die den Unternehmensfortbestand sichert und ihm möglichst auch einen attraktiven Übergabeerlös verschafft.
Der Unternehmensfortbestand hat viele Stakeholder: neben den Mitarbeitern des Unternehmens, die auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und Zukunftsaussichten hoffen, sind es auch Kunden und Lieferan-ten, die sich den Erhalt der Geschäftsbeziehung bzw. Liefer- und Absatzwege wünschen. Dazu kom-men Kreditinstitute, die sich um die Rückführung der Unternehmenskredite, aber auch um die Rückführung von Konsumentenkrediten durch die Angestellten des Unternehmens, sorgen müssen. Weitere Betroffene kann die Heimatgemeinde des Unternehmens sein (Verlust von Arbeitsplätzen kann einhergehen mit der Abwanderung von ansässigen Arbeitnehmern und Attraktivitätsverlust der Region).
Eine geordnete Nachfolgelösung ist deshalb aus Sicht aller Beteiligten angeraten.
Wer wird mein Nachfolger?
1. Familienmitglieder
Im inhabergeführten mittelständischen Unternehmen, dem typischen Familienunternehmen, ist es naheliegend, den Nachfolger oder die Nachfolgerin in der Familie zu suchen. 53 % der Familienunter-nehmen planen ihre Nachfolge aus der Familie zu besetzen. Hierbei ist neben dem Erhalt der „Dynastie“ die fachliche und persönliche Eignung der Nachwuchskraft von entscheidender Bedeutung. Der Unternehmer ist gut beraten, frühzeitig das Gespräch mit dem Nachwuchs zu suchen und die Bereitschaft zur Übernahme der Unternehmensverantwortung zu klären, denn hieran sollte sich ein geeignetes Ausbildungsprogramm anschließen. Neben einer guten schulischen Basis ist vielleicht eine akademische Ausbildung angeraten, die durch erste Schritte im elterlichen Betrieb flankiert werden sollte. Denkbar sind auch Hospitationsphasen bei fremden Unternehmen um „über den Tellerrand“ hinaus-zublicken. Letztlich ist die Einführung in den eigenen Betrieb gezielt durchzuführen, um der jungen Geschäftsleitung ein sinnvolles Entree zu ermöglichen.
2. Mitarbeiter
Was geschieht jedoch, wenn sich kein Nachfolger in der Familie findet? Weil es keinen Nachwuchs gibt oder weil die jungen Menschen andere Interessen entwickelt haben?
Häufig wird in solchen Fällen der Blick in das Unternehmen gerichtet. Etwa ein Viertel der Nachfolgen sind Mitarbeiter der zweiten Führungsebene. Dies wird häufig als Win-Win-Situation wahrgenommen, denn der Unternehmer kennt seinen Nachfolger aus der täglichen Arbeit und dem Mitarbeiter sind die täglichen Herausforderungen seiner neuen Aufgabe bereits bekannt.
Ein solcher Management-Buy-Out (MBO) wird von den beteiligten Stakeholdern häufig positiv bewertet, da bereits spezifisches Know-how für das Unternehmen vorhanden ist.
Die Nachfolge im Unternehmen stellt andere Herausforderungen: eine zentrale Rolle spielt hier häufig die Finanzierung der Unternehmensübernahme. Für viele Menschen ist es eine beängstigende Vor-stellung, sich mit 7- oder 8-stelligen Beträgen zu verschulden, um ein Unternehmen zu erwerben.
Neben einer Portion Mut beim Erwerber lässt sich die Situation aber durch geeignete Finanzierungsmaßnahmen entspannen. Die finanzierenden Kreditinstitute haben Spezialisten für solche Finanzierungssituationen und auch die Hausbank des Unternehmens wird die Nachfolge im Unternehmen gerne unterstützen. Ergänzend lassen sich Finanzierungsinstrumente der Bundesländer zur Nachfolgeregelung (z. B. Bürgschaften) nutzen oder die Finanzierung erfolgt mittels Beteiligungskapital spezieller Investoren.
3. Externe Nachfolger
Scheitert die Suche nach einem Nachfolger in der Familie und im Unternehmen, bleibt die Option, einen externen Nachfolger in das Unternehmen zu holen. Hierbei bietet sich die Möglichkeit im Rah-men eines Management-Buy-In (MBI) einem geeigneten externen Nachfolger das Unternehmen zu übergeben. Ähnlich wie bei dem Nachfolger aus dem Unternehmen stellt sich hier ebenfalls die Frage der Finanzierung. Zudem benötigt der MBI-Kandidat häufig eine Einarbeitung durch den Alt-Eigentümer.
Eine weitere Lösung kann der Verkauf an einen „Strategen“ sein. Das sind typischerweise Unternehmen aus der Branche, die einen strategischen Vorteil suchen. Die strategischen Vorteile können vielfältig sein: denkbar ist die Ausweitung der Kundenbasis, Zugang zu lukrativen Versorgungsquellen oder der Beschaffung von Know-how, Patenten oder Ähnlichem, aber auch zusätzliche Produktionsressourcen können Grundlage für eine Kaufentscheidung sein. Die Finanzierung der Transaktion ist hier typischerweise von nachrangiger Bedeutung. Die Integration der Unternehmung spielt hier eine größere Rolle, da alte und neue Unternehmensstrukturen aufeinandertreffen.
Der Verkauf an eine Beteiligungsgesellschaft (Private Equity-Gesellschaft) ist eine weitere Möglichkeit einen externen Nachfolger zu finden. Beteiligungsgesellschaften investieren in Unternehmen, um ihren Wert zu entwickeln und nach einiger Zeit weiter zu verkaufen. Alternativ gibt es auch Beteiligungsgesellschaften, die investieren, um die erworbenen Beteiligungen dauerhaft zu halten. In beiden Fällen erfolgt der Erwerbsprozess in einer sehr strukturierten Art und Weise innerhalb kürzester Zeit. Nach dem Erwerb wird ein angestelltes Management im erworbenen Unternehmen installiert, das die Ge-schicke des Unternehmens im Sinne der Beteiligungsgesellschaft führen soll. Häufig wird eine gewisse Einarbeitungszeit durch den Alt-Eigentümer vereinbart.
Ist mein Nachfolger ausreichend qualifiziert?
Wie bereits geschildert, sind die möglichen Nachfolgekandidaten auf unterschiedliche Art und Weise gefordert, sich auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Auch auf den übergabewilligen Alt-Eigentümer warten vielfältige Aufgaben im Rahmen der Weitergabe des Staffelstabes.
Während die Initiative bei der familiären Nachfolge vor allem beim Nachfolger liegt (der erfahrene Alt-Eigentümer wird natürlich mit Rat und Tat zur Seite stehen), sind die Vorbereitungen für die Übernahme mittels Management-Buy-Out oder externer Nachfolge vor allem von den Kandidaten durchzuführen. Neben den geschilderten Finanzierungsbemühungen werden häufig sogenannte Due Diligence-Prüfungen durchgeführt, in denen die Unternehmen von Experten auf Herz und Nieren geprüft werden. Die zu diesem Zweck erforderlichen Unterlagen sind vom Verkäufer zur Verfügung zu stellen.
Zuletzt bleibt dem Alt-Eigentümer noch die Übergabe selbst. Dies ist selten „ein Moment“, in dem der Schlüssel überreicht wird. Häufig ist es eine Übergangsphase, die zunächst intensivere Mitwirkung des Abgebers erfordert und im Zeitverlauf immer geringer wird. Denkbar sind hier Übergabegespräche bei Lieferanten und vor allem bei Kunden. Das Personal will angemessen informiert werden und auch die weiteren, eingangs genannten, Stakeholder sind dankbar für ein persönliches Kennenlernen, das unter der Regie des Alt-Eigentümers geschehen kann.
Letztlich muss sich auch der Alt-Eigentümer auf den Wechsel vorbereiten. Das „Loslassen“ fällt nicht immer leicht, denn ob die Familientradition im Sinne des Verkäufers fortgeführt wird, kann nicht mit endgültiger Sicherheit bejaht werden. Der Unternehmer, der sein Lebenswerk in neue Hände übergibt, sieht sich deshalb auch emotional vor einer Herausforderung.
Fazit
Die vermeintlich überschaubare Aufgabe eines Unternehmensverkaufs hat, insbesondere in Verbindung mit der Nachfolge, zahlreiche Facetten.
Neben der Auswahl des „richtigen“ Nachfolgers sind vorbereitende Schritte zu gehen, die unterschiedlichen Vorlauf bedürfen. Eine universitäre Ausbildung benötigt mehr Zeit als das Aufgleisen einer langjährigen Prokuristin im Unternehmen. Das Einarbeiten eines externen Vertriebsexperten stellt andere Herausforderungen als das Onboarding eines Mitarbeiters, der von einem strategischen Käufer entsandt wurde.
In jedem Fall tut der Abgeber gut daran, frühzeitig die Weichen zu stellen, um erforderlichen zeitlichen Spielraum nicht ohne Not aus der Hand zu geben. Letztlich führt eine entspannte Unternehmensnachfolge auch zu persönlicher Zufriedenheit beim Abgeber.
Nutzen Sie die Kompetenz von Beratern, die bereits vielfältige Erfahrungen im Rahmen von unterschiedlichsten Nachfolgesituationen sammeln konnten. Diese Erfahrungen kommen Ihnen zugute und ermöglichen das Skizzieren ihrer individuellen Unternehmensnachfolge.
Sprechen Sie uns gerne hinsichtlich eines individuellen Vorschlages für Ihre Situation an.
Ihr Ansprechpartner Mischa Towfighi
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