Wird bei Ihnen Feedbackkultur gelebt?

 

 

13.10.2023 | Artikel von Dagmar Strehlau

 

Am Thema Feedback kommt man eigentlich nie vorbei, egal in welchem Zusammenhang, ob im Bereich Führung, allgemein in Kommunikationsthemenstellungen, in Gesprächen mit Kollegen, Kunden, Training … es ist ein Dauerthema… jeder empfindet es als wichtig, sinnvoll und wertvoll.

Wird es aber auch überall gelebt? Fragt man nach der Feedbackkultur im Unternehmen, heißt es häufig: „Ja, haben wir, aber an der Umsetzung hakt es an der ein oder anderen Stelle“.

Eine Beobachtung, die wir auch in unserer Trainingsarbeit machen. Einer unserer Kollegen, Dr. Christian Kühl, tituliert das Feedbackgeben immer wie folgt: „Feedback ist ein Geschenk, das Ihnen gege-ben wird“. In den Trainings stellen wir dann allerdings fest, dass das „Feedback geben“ vielen Teilnehmern schwerfällt, da es in den Unternehmen nicht praktiziert wird und sie es dort nicht gelernt haben.

 

Aber wie steht es nun wirklich mit dem Feedback?

Ist es ein Geschenk? Was bringt es uns? Ist es wirklich so wichtig, oder ist dies nur noch eine alte Weisheit, die nicht mehr zählt?

Schaut man sich Studien zum Thema Feedback an, so ist auch hier die Aussage sehr divergent und man muss schon etwas genauer hineinschauen. Feedback ist ein wichtiger Faktor – ob in der tagtäglichen Führungsarbeit, unter Kollegen oder auch in Trainingssituationen. Die Frage ist nur die Qualität des Feedbacks und damit auch die Effekte, die es auslöst. Diese sind oft sehr unterschiedlicher Natur.

Wir agieren als soziale Wesen in einem Umfeld mit anderen Menschen, das heißt, wir können uns von einem Feedback – egal welcher Natur - eigentlich gar nicht freimachen. Häufig läuft es auch indirekt ab, man erhält ein zustimmendes Lächeln oder der Gegenüber runzelt die Stirn. Diese körperlichen Nachrichten werden von uns teilweise auch unbewusst aufgenommen und verarbeitet. Aber auch wir geben permanent Feedback, gewollt oder ungewollt. Will ich mich weiterentwickeln, so benötige ich Feedback um zu wissen, welche Reaktionen mein Verhalten bei anderen Menschen auslöst. So kann das Erhalten von Feedback kombiniert mit der Überzeugung, dass man sich weiterentwickeln will, den Karriereaufstieg unterstützen. (Stöcker & Schütz)

 

Wie wird Feedback gegeben?

Muss ich permanent „dahinter“ sein und es einfordern oder wird es mir – in kompetenter Form – stetig und konsequent gegeben? Hier wird es dann schon schwieriger. Die immer wieder beschriebene Feedbackkultur wird in Unternehmen häufig nicht so gelebt wie es in den Hochglanzprospekten be-schrieben ist.

Was sollte man beim Feedbackgeben beachten (angelehnt an Stöcker und Schütz, S. 17 f.)?

Prozessorientiertes Feedback geben
Weniger die Person in den Mittelpunkt stellen, sondern die Aufgabe. Die Formulierung „Sie sind die perfekte Führungskraft“ kann bei sozial unsicheren Menschen sogar dazu führen, dass sie das Feedback nicht ernst nehmen oder noch verunsicherter werden. Besser ist es von konkreten Handlungen zu sprechen: „In dieser schwierigen Situation haben Sie mit Ihrem Einschreiten die weitere Eskalation im Projekt verhindert“.

Hier sind wir auch in der Attributionsforschung: es gibt Menschen die grundsätzlich Erfolge eher den äußeren Umständen zusprechen und Misserfolge in der eigenen Person suchen und auch den umgekehrten Typus. Daher sollte man ein Feedback wählen, dass beide Personengruppen anspricht und ihnen hilft sich erfolgreich weiterzuentwickeln

Entwicklungsbezogenes Feedback geben
Nach der Theorie von Dweck, „fixed vs. growth mindsets“, ist es von großem Vorteil Feedback entwicklungsbezogen zu formulieren. Wenn man sich an der Zukunft orientiert und das Feedback entsprechend formuliert, wird keine Wertung vorgenommen, sondern man bleibt neutral. Eine mögliche Formulierung wäre: „Was sollte beibehalten werden, was sollte verändert werden“.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, das Feedback zu konkretisieren, und nicht zu schwammig zu formulieren d.h. wenn man das Verhalten beibehalten soll – heißt dies, es soll genauso bleiben oder doch anders aussehen? Und wenn es verändert wird, in wel-cher Richtung, soll es mehr werden, weniger werden, oder sich in eine ganz andere Richtung wandeln?“ (Stöcker & Schütz, S. 17 f.)

 

Positives und negatives Feedback

Vielleicht noch einige Worte zu positivem und negativem Feedback. Nur zu loben ist nicht immer zielführend. Positives Feedback passt nicht immer, es läuft auch mal etwas komplett schief und es nützt dem Mitarbeiter relativ wenig, wenn man die Katastrophe beschönigt und herunterspielt. Man tritt als Führungskraft dann auch unglaubwürdig auf. Wichtig ist, auch negative Dinge fair anzusprechen und so eine Fehlerkultur im Unternehmen zu etablieren. Zu diesem Thema gibt es eine sehr treffende Comiczeichnung aus dem Buch „The Fat Firm“ von Zoltners et al..

Dort sieht man einen Mitarbeiter vor dem Schreibtisch der Führungskraft stehen und am oberen Bildrand erkennt man eine abgestürzte Rakete und viel Feuer und Brände, die dieses abgestürzte Wrack verursacht hat. Der Mitarbeiter sagt zur Führungskraft „I failed. I quit“, die Führungskraft reagiert „You learned. You stay.“. Eine Situation, die uns vertraut ist, wie häufig passieren im Unternehmen Fehler, die nicht nur ganze Projekte „abstürzen“ lassen, sondern auch noch weitere Katastrophen mit sich ziehen. Aber Hand auf‘s Herz – wie schätzen Sie hier die Gefühle Ihrer Mitarbeiter ein – würde der Mitarbeiter sich trauen Ihnen die Katastrophe zu melden und würden Sie selbst so souverän auf diese Katastrophe reagieren?

Wie häufig werden, gerade gravierende, Fehler nicht zugegeben, da man vor dem Feedback der Führungskraft und deren Konsequenzen Angst hat? Als Führungskraft muss ich dem Mitarbeiter das Gefühl geben mit großen Katastrophenmeldungen kommen zu dürfen und ich als Führungskraft muss auch den Mut haben diese nicht nur anzusprechen, sondern sie auch durchzusprechen – denn ohne dies wird der Fehler mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Male auftauchen.

Zu beachten ist, wenn ich negatives Feedback gebe, sollte dies mit Ruhe und Achtung des Gegenübers erfolgen. Ein sehr kritisches Feedback kann uns über Jahre hinweg verunsichern. Wem fällt nicht ein kritisches Feedback ein, dass man vor Jahren erhalten hat und welches immer noch starke Emotionen hervorruft. Hier gilt: Der Ton macht die Musik. Und ich muss sehr wohl abwägen, wie ich ein schwieriges Feedback geben kann.

 

Kritisches Feedback

Grenny beschreibt dies so: Kritisches Feedback kann Traumata bei einer Person hervorrufen: denn zwei wichtige Bedürfnisse werden davon bedroht: unser Gefühl nach Sicherheit (physische, soziale und materielle) und nach Wertschätzung (Selbstwert, -achtung, -vertrauen) (Grenny, J.). Die Aussage „Die Kündigung haben Sie morgen auf dem Tisch“ oder „Ich schmeiß Sie raus“, löst Angst aus und diese Angst ist auch mehr als verständlich. Spannend wird es, wenn es um den Faktor Wertschätzung geht. In uns allen gärt häufig das Gefühl nicht so wertgeschätzt zu werden, wie wir es gerne hätten. Auf der anderen Seite brauchen wir das negative Feedback um die Wahrheit darüber zu erfahren, wo wir Lücken haben und so uns selbst die Möglichkeit geben zu erkennen, an welchen Punkten wir an uns arbeiten müssen.

Also was tun um einen kühlen Kopf bei kritischem und hartem Feedback zu bewahren, um überhaupt, die Chance zu haben an dieser Wahrheit über unsere Lücken arbeiten zu können? Sind zu viele Emotionen im Spiel, blockieren wir selbst die Suche nach der Wahrheit.

Grenny schlägt hierzu die CURE Methodik vor (siehe Grenny, J. S. 96):

  1. Sammeln Sie sich (Collect yourself): Tief ein und ausatmen, werden Sie sich Ihrer Gefühle bewusst: Fühlen Sie sich verletzt, beschämt? Dann seien Sie sich dessen bewusst und konzentrieren Sie sich auf beruhigenden Fakten wie: „Ich habe einen Fehler gemacht, ich bin aber selbst kein Fehler.“
  2. Verstehen Sie (Understand): Seien Sie neugierig: Fragen stellen, um Beispiele bitten, zuhören. Denken Sie von sich als dritte Person. Nicht immer einfach: aber versuchen Sie neutral zu bleiben und die Kritik als Geschenk wahrzunehmen. Auch das packt man aus und schaut es sich in Ruhe an
  3. Erholen Sei sich (Recover): Wenn Sie an diese Stelle des Gesprächs gekommen sind, beenden Sie es. Bitten Sie um Zeit zum Nachdenken. Sie können auch darüber sprechen, dass Sie erst einmal Zeit brauchen um das Gesagte verarbeiten zu können. Versuchen Sie weiterhin neutral zu bleiben: Sie müssen die Kritik nicht annehmen, aber Sie können sie überdenken und sich damit auseinandersetzen
  4. Engagieren Sie sich (Engage): Überlegen Sie was an der Kritik der Wahrheit entspricht und für Sie wertvoll für Ihre Weiterentwicklung ist. Greeny hat dies sehr gut formuliert: Auch wenn die Kritik 90% heiße Luft enthält, 10 % Substanz ist vielleicht vorhanden und bietet Ihnen einen guten Hinweis auf mögliche Lernfelder. Nutzen Sie die Chance und geben auch dem Feedbackgeber die Rückmeldung, welchen Teil der Kritik Sie akzeptieren und wie Sie darauf reagieren

 

Bevor Sie eine Fehlerkultur im Unternehmen implementieren, beobachten Sie wie weit Sie eine gesunde Feedbackkultur aufgebaut haben. Ohne diese wird die Fehlerkultur nicht umsetzbar sei.

Wie gesagt, Feedback kann ein sehr wertvolles Geschenk sein – aber es ist wie mit allen Geschenken, sie müssen gut ausgesucht und auf die Person passend sein. Auch der Feedbackpartner muss sich beschenkt fühlen, damit es Sinn ergibt.

 

 

 

Quelle

Vgl: Grenny, J. (2019): Das Körnchen Wahrheit. Harvard Business Manager 10/2019, S. 94-96.
Vgl: Stöcker, A, - K. & Schütz, A. (2019). Das Konzept von „Beibehalten vs. Verändern“. Effekte unterschiedlicher 
Formen von Feedback. Reportpsychologie 10/2019, S. 14 - 19.
Vgl: Zoltners, A.A.; Shinha, P.K. & Murphy, S.J. (1997): The Fat Firm. New York: McGraw Hill.

 

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