Vorbereitung des Unternehmens auf eine Wirtschaftskrise

Ein strukturierter Prozess und bitte nicht emotionsgetrieben

 

Artikel von Ralf Strehlau

 

In 2008 hatten wir eine ähnliche Situation wie heute im Spätsommer 2011. Die Krise in den Finanzmärkten löst eine Diskussion in den Unternehmen aus: Entwickelt sich die Finanzmarktkrise auch zu einer Krise in der Realwirtschaft?

Diese Diskussion führe ich zunehmend mit Unternehmern und Führungskräften. Gerne würde ich diese Frage für uns alle beantworten, aber eigentlich ist dies nicht das Thema. Sondern jeder Unternehmer und jede Führungskraft muss sich fragen:

  • Kann ein Unternehmen von einer möglichen Krise getroffen werden und welche Auswirkungen würde dies haben?
  • Welche Maßnahmen sollte ein Unternehmen vorbereiten, um gegebenenfalls auf die Krise reagieren zu können?
  • Wann muss ein Unternehmen wie reagieren?

 

1. Kann ein Unternehmen von einer möglichen Krise getroffen werden und welche Auswirkungen würde dies haben?

Drei scheinbar einfache Fragestellungen auf die aber in vielen Unternehmen keine Antwort vorliegt. Schauen wir uns die Fragen einmal näher an:

Theoretisch kann natürlich jede Krise ein Unternehmen treffen. Daher ist die Frage mit dem „ob ja oder nein“ eng mit der Auswirkung zu verbinden. Was muss sich ein Unternehmen dafür anschauen? Grundsätzlich sollte die Betrachtung immer von zwei Standpunkten aus dies beleuchten: Wie reagibel ist der Umsatz bzw. der Auftragseingang und wie reagibel ist die Kostenstruktur?

Wenn ein Unternehmen z.B. in einem B-2-B Markt tätig ist, in dem die Auftragslaufzeiten wie im Maschinen- oder Anlagenbau zum Teil Jahre sind, ist die Situation sicherlich grundsätzlich anders zu beleuchten, als wenn man als Business- oder Tagungshotel primär von Geschäftskunden abhängig ist. Also können Markt-, Kunden- und Auftragsstruktur einen maßgeblichen Einfluss haben.

Leider muss aber hier auch noch ein Schritt weiter gedacht werden. Viele Unternehmen im Bereich der Investitionsgüter waren überrascht, welch starke Auswirkungen die Krise auf den Bereich Service hatte. Viele Kunden haben präventiven Service zur Instandhaltung von Anlagen in die Zukunft geschoben oder ganz einfach gestrichen. Dies führte bei vielen Unternehmen zu einem Einbruch beim Service, der sich in der Vergangenheit als wesentlich stabiler erwiesen hatte.

Dies zeigt, dass es nicht ausreichend ist, in der Vogelperspektive die Dinge zu betrachten. Je Geschäftsfeld und Kundensegment sollten die Auswirkungen analysiert werden.

Ähnlich differenziert ist die Situation auf der Kostenseite. Wie lassen sich kurzfristig die Personalkosten beeinflussen? Gibt es Jahresarbeitszeitkonten? Wie hoch ist der Anteil der Fremdarbeiter bzw. Zeitarbeiter? Welchen Spielraum geben dem Unternehmen die Betriebsvereinbarungen?

Aber man sollte nicht nur die Personalkosten als relevant erachten. Wie sieht es bei den Beständen im Lager aus? Dies gilt sowohl für Roh- und Betriebsstoffe als auch z.B. für Halbfertigwaren.

All diese Informationen liegen grundsätzlich dezentral in einem Unternehmen vor. Die Aufgabe ist es, diese Informationen in eine zentrale Analyse zusammenzuführen, um ein Gesamtbild für das Unternehmen zu erhalten. Ja, am Ende sollte dies auch in Form von Excel-Sheets zeitlich gestaffelt in € vorliegen.

 

2. Welche Maßnahmen sollte ein Unternehmen

Dies lässt sich im Wesentlichen nur auf der Basis der vorangegangenen Analysen erarbeiten. Die Aufgabe besteht darin, je nach Auswirkung der Krise auf die Umsatzseite auch entsprechende Maßnahmen auf der Kostenseite zu erarbeiten. Hier ist die Fristigkeit von Effekten der Krise und der notwendigen Maßnahmen aufeinander abzustimmen.

Eine einfache Liste von möglichen Aktivitäten reicht meistens nicht. Die Umsatzseite ist häufig zeitlich reagibler als die Kostenseite. Entsprechend detailliert muss die Planung erfolgen.

Ergänzend sollten kritisch alle Projekte und Aktivitäten analysiert werden, die zu einer weiteren Festlegung von Kostenstrukturen führt. Dabei sollte jedes Projekt betrachtet werden, egal ob in der F+E-Abteilung, in der IT oder im Bereich Marketing und Vertrieb. Hier ist eine Abwägung zwischen strategischer Notwendigkeit und operativer Effekte zu berücksichtigen.

So können z.B. neue Mitarbeiter vorerst mit einem befristeten Vertrag eingestellt werden oder neue Geschäftsfelder im ersten Schritt mit externen Dienstleistern aufgebaut werden.

 

3. Wann muss ein Unternehmen reagieren?

Wenn die Maßnahmenplanung abgeschlossen ist, kann daraus auch direkt die Zeitplanung für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen bzw. auch die Liste der Aktivitäten und Projekte, die mit besonderem Augenmerk verfolgt werden sollten, abgeleitet werden. Dies ist dann einfach „nur noch“ konsequente Umsetzungsarbeit und –controlling.

Reichen diese Vorbereitungen dann bereits? Leider meistens nein! Neben dieser inhaltlichen Vorbereitung muss der Fall der Fälle kommunikativ vorbereitet und geplant werden. Intensive Gespräche und ein Management der Erwartungshaltung mit den Stakeholdern wie z.B. Betriebsrat und Gesellschaftern sind frühzeitig hilfreich und notwendig.

Auch ist eine umfassende Vorbereitung der Führungskräfte wichtig. Diese kann von Change- bis Kommunikationstraining reichen. Häufig ist zumindest ein intensives Awarnesstraining notwendig, damit die Führungskräfte im Krisenfall auch hinter den Aktivitäten der Geschäftsführung oder des Vorstands stehen bzw. aktiv mit in das Projekt eingebunden werden können.

 

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