Kommunikation in der Krise
Die Do's und Dont's der Kommunikation von Veränderungsmaßnahmen in der Krise
Ralf Strehlau
Ist die Krise da, sind Veränderungsmaßnahmen nicht allzu weit entfernt. Diese angemessen zu kommunizieren erweist sich insbesondere angesichts der Sensibilität in Krisenzeiten nicht selten als Herausforderung. Folgende Dos und Dont's dienen als Orientierungshilfe für eine erfolgreiche Kommunikation der Veränderungsmaßnahmen in Krisenzeiten. Maßgeblicher Erfolgsfaktor dabei ist die unterschiedliche Gewichtung und Anpassung der Punkte je nach Situation, Unternehmen und Stakeholder-Struktur.
Punkte, die in Krisensituationen unbedingt beachtet werden sollten:
1. Notwendigkeit der Kommunikation akzeptieren und priorisieren
Besonders in Krisenzeiten darf die Zeit für persönliche Kommunikation nicht zu kurz kommen. Dabei gilt es die wesentlichen Stakeholder, aber auch Medien nach den Grundregeln der Kommunikation in Kenntnis zu setzen: authentisch, persönlich und zeitnah. Eine Krise mit dem Ehepartner oder dem Freund / der Freundin löst man auch nicht per WhatsApp! Ziel sollte es sein, Vertrauen zu schaffen und Unsicherheit abzubauen.
2. Schnell erzielbare Erfolge erarbeiten und kommunizieren
In einer Krise sind kurzfristige Erfolge wichtiger denn je – sie schaffen den motivatorischen Anreiz, um den Wandel richtig in Fahrt zu bringen. Kommunizieren Sie diese regelmäßig, und so, dass es jeder mitbekommt. Sichtbare Errungenschaften zeigen den Wandel bildlich und bauen so das nötige Vertrauen in Krisensituationen auf!
3. Auf Handlungen mit Symbolwirkung setzen
Auch wenn detailliert ausformulierte Pressemitteilungen oder ellenlange Stellungsnahmen inhaltlich perfekt verfasst wurden, werden sie oft nicht von genügend Mitarbeitern gelesen. Doch wie kommuniziert man wichtige Mitteilungen so, dass sie jeder mitbekommt? Die wahrscheinlich wichtigste Frage, die Sie sich hierbei stellen müssen, ist: Welche Kommunikationskanäle sind zeitgemäß und aktuell? Während man vor 25 Jahren auf Aushänge am schwarzen Brett, vor 15 Jahren auf E-Mails und vor 5 Jahren auf Bilder gesetzt hätte, sollten Sie in einer Zeit von FaceTime und Snapchat unbedingt auf Bewegtbilder setzen. Stellen Sie sich vor die Kamera und kommunizieren Sie Ihre Message per Video! Das gibt Ihnen die Möglichkeit, Emotionen zu zeigen und Nähe auszudrücken – also das, was in Krisensituationen unbedingt benötigt wird.
4. Der Blick zurück für den Schritt nach vorne
Vergegenwärtigung von guten Dingen, die bisher erreicht wurden – letztendlich war nicht alles schlecht! Das Anknüpfen an vergangene Erfolge bringt die Chance, eine Brücke zur Visionsentwicklung für den Wandel schaffen. Eine kurze bildliche Einbindung der bisherigen Meilensteine und Erfolge als Präsentation beispielsweise in die Weihnachtsfeier lässt die vergangenen Erfolge vor Augen führen und schafft gleichzeitig Platz für den Blick in die Zukunft.
5. Rituale als Symbol für Sicherheit und Kontinuität
Rituale symbolisieren Sicherheit und Kontinuität – sprich, durch das Aufrechterhalten von gelebten Praxen im Unternehmen wird Halt und Orientierung geschaffen. Dies betrifft auch Kommunikationsrituale, wie z.B. eine rituelle Ansprache des CEO bei der Weihnachtsfeier, aber auch den Newsletter, der immer regelmäßig zu einem bestimmten Zeitpunkt versandt wird. Lassen Sie beispielsweise den Newsletter oder die Weihnachtsfeier nicht ausfallen, nur weil es gerade turbulenter wird, die Krise schon zu spüren ist oder ein Geschäftsführerwechsel stattgefunden hat. Denn gerade in unsicheren Zeiten kann eine Änderung der gelebten Praxis zu Spekulationen und Unsicherheit unter den Mitarbeitern führen. Und falls doch eine Änderung der Kommunikationsstrategie beschlossen werden sollte, gilt zu beachten, dass im Beispiel des Newsletters dieser im Zweifel lieber nach vorne, statt nach hinten verschoben werden sollte – alles andere würde Fragezeichen hervorrufen!
6. Schlüsselpersonen / Wortführer / Meinungsmacher einsetzen
Gerade in Krisen kann es schwerfallen, ohne die richtige Unterstützung den Veränderungsprozess zu kommunizieren. Die richtigen Botschafter als Multiplikatoren an Bord, können zu einer besseren Akzeptanz der Veränderungsmaßnahmen sowohl innerhalb der Belegschaft als auch außerhalb des Unternehmens verhelfen. Das sind in der Regel die Personen, die innerhalb der Belegschaft ein hohes Ansehen und Respekt genießen und deren Meinung gefolgt wird – zu Hause sind es meistens die ältesten Geschwister. In einem Unternehmen kann es manchmal auch ein Vertreter der Eigentümerfamilie oder der Gewerkschaft sein.
7. Aktion statt Reaktion
Entscheiden Sie sich für eine proaktive Kommunikationsstrategie. Indem Sie den Dialog aktiv einleiten, können Sie den Dialog lenken und verschaffen sich somit einen Meinungsvorsprung. Wenn Sie jedoch erst dann reagieren, wenn Sie gefragt werden, ist es meistens schon zu spät um das Gespräch zu führen – es besteht die Gefahr in einen Rechtfertigungszwang zu verfallen und man läuft kommunikativ dem Flurfunk hinterher.
8. Kommunikation ist keine Einbahnstraße
Genauso wie Sie eine Krise mit ihrem Partner nicht unpersönlich per WhatsApp lösen würden, würden Sie bei einer Krise keinen einseitigen Monolog führen. Dialog statt Monolog gilt auch in ihrem Unternehmen und insbesondere in Krisensituationen. Denn mit einseitiger Kommunikation werden Sie nie alle Mitarbeiter für den Wandel gewinnen können: Fördern Sie den Dialog und ermöglichen Sie Feedback. Gehen Sie als Führungskraft persönlich in die betroffenen Abteilungen. Sich abgeholt und ernst genommen gefühlte Mitarbeiter werden mit einem höheren persönlichen Commitment am bevorstehenden Change-Prozess teilhaben.
9. Schlechte Nachrichten zuerst an die, die es betrifft
In einer Krise sind negative Botschaften oft nicht zu vermeiden. Sei es Budgetkürzungen, Streichen von Urlaubstagen oder Stellenabbau – keine dieser Nachrichten ist angenehm zu übermitteln. Kommunizieren Sie fairerweise schlechte Nachrichten zuerst an die, die es betrifft! Wenn Sie eine schlechte Nachricht erwarten, wollen Sie auch der erste sein, der informiert wird.
10. Der Chef hat Vorbildfunktion
Führungskräfte können das Verhalten ihrer Mitarbeiter durch eigenes Auftreten im Rahmen einer Vorbildfunktion maßgeblich beeinflussen. Von Mitarbeitern geforderte Verhaltensänderungen, die von Vorgesetzten vorgelebt werden, werden mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich akzeptiert. Wasser predigen und Wein trinken ist immer kontraproduktiv!
11. Empathisch sein
Die erste Hürde, bei Ihren Mitarbeitern Commitment für den Veränderungsprozess zu schaffen, ist Betroffenheit und Verständnis zu vermitteln. Durch den bewussten Einsatz von Gestik, Mimik, Sprache, Wortwahl und Tonlage kann Betroffenheit gezeigt werden. In einer Krise heißt das unter anderem für Sie, dass Sie Ansprachen wie z.B. in einer Mitarbeiterversammlung lieber 5-mal durchproben sollten, um sicher zu stellen, dass Sie Ihre Wirkung richtig transportieren.
12. Nutzen Sie die Gegebenheiten der Online-Welt
Richtig genutzt bietet sich die Chance, digitale Medien und Social-Media-Kanäle als Katalysator für die Nachrichtenverbreitung bei Veränderungen zu nutzen – nicht selten schaffen es Tweets mit wichtigen Mitteilungen oder von wichtigen Persönlichkeiten in die Nachrichten und erreichen so mehr Menschen als mit jeder Pressemitteilung erreicht werden könnten. Dabei gilt auch und vor allem in der Netzwelt: Klare und schnelle Statements auf Augenhöhe! So sehr die Online-Welt einmalige Chancen zur Kommunikation bietet, so sehr muss auch das Tempo der Nachrichtenverbreitung berücksichtigt werden (- da Echtzeit und für jeden abrufbar). Dabei darf vor allem die Zeitspanne zu reagieren nicht unterschätzt werden, da andernfalls die Katalysatorwirkung auch schnell ins Negative umschlagen kann und das Thema außer Kontrolle gerät. Als Paradebeispiel ist hier die an einem Freitag verfasste Facebook-Beschwerde eines unzufriedenen Mobilfunkanbieter-Nutzers zu nennen: Ehe man sich versah artete der Post über das Wochenende aus und erhielt Zustimmung durch zehntausende Likes und Kommentare. Die Stellungnahme des Mobilfunkanbieter kam erst am Montag – weil dieser verpasst hat, dass das Internet keine Öffnungszeiten hat!
Diese Fehler sollten Sie lieber vermeiden:
1. Zu viele Botschaften
Wenn man zu viele To-dos auf der Liste hat, besteht schnell die Gefahr, Wichtiges von Unwichtigem nicht mehr trennen zu können. Denken Sie daran, wenn Sie Veränderungsmaßnahmen kommunizieren müssen: Zu viele Botschaften können schnell für Verwirrung sorgen und vom Wesentlichen ablenken. Setzen Sie stattdessen den Fokus auf die Kernaussagen, damit diese nicht untergehen!
2. Salami-Taktik verfolgen
Das Ziel Stück für Stück, mit kleinen Schritten und kleinen Forderungen zu erreichen mag in der ein oder anderen Lebenssituation vielleicht die beste Möglichkeit sein. In einer Krise gelten jedoch andere Regeln. Eine Krise zu bewältigen erfordert nämlich tiefgreifende Veränderungsmaßnahmen, und diese dürfen auch ruhig spürbar sein. Trauen Sie sich ruhig größere Schritte! Kommt die Wahrheit nur schrittweise ans Licht, wird schnell Vertrauen verspielt.
3. Vor lauter Kommunikation die Strategie vergessen
Für die Krisenbewältigung ist Kommunikation zwar essentiell, aber ohne zu verfolgende Ziele und Strategien verläuft auch die Kommunikation im Sande und wird irgendwann nicht mehr gehört. Nicht reden um des Redens willen!
4. Rein rationale Betrachtung des Wandels
Die Krisenbewältigung erfordert in der Regel hohes Commitment. Um den notwendigen Wandel so effizient wie möglich zu gestalten, reicht es daher nicht, eine rein rationale Schiene zu fahren. Mitarbeiter für die Veränderung zu gewinnen und zu Handlungen zu bewegen muss mit Überzeugung erfolgen. Schaffen Sie Emotionalität!
5. Im Chef-Büro verstecken
In Krisensituationen steigt die Sensitivität. Um stets informiert zu sein und ein Gefühl für die Anspannung zu kriegen reicht es daher nicht, nur Signale zu senden. Sie müssen in gleichem Maße auch empfangen! Für Sie heißt das: Raus aus Ihrem Büro und rein ins Geschehen! Hören Sie zu, nehmen Sie Stimmungen in der Belegschaft wahr und ordnen Sie diese zur Planung Ihres Veränderungsprozesses ein.
6. Nicht kommunizieren
Nicht kommunizieren oder falsch kommunizieren kann in Zeiten der Krise fatal sein. So kann beispielsweise Schweigen wie ein Schuldbekenntnis wirken, aber auch Schuldzuweisungen sind wenig zielführend. Sie merken, dass auch hier das Beispiel der Kommunikation mit dem Partner passt. Bekanntlich lösen auch dort weder Anschweigen noch bloße Anschuldigungen irgendein Problem. Und so auch im Unternehmen: Frühzeitige und transparente Kommunikation beugt Spekulationen und Flurfunk vor. Und wenn etwas mal nicht preisgegeben werden darf, auch diese Entscheidung erklären! Dafür haben Ihre Mitarbeiter Verständnis und die Unsicherheit ist aus dem Weg geräumt.
7. Sich nicht von der eigenen Vergangenheit lösen
Die Krise ist da. Und wenn sie einmal da ist, ist es wenig konstruktiv in nostalgischen Gedanken an die guten alten Zeiten zu versinken. Stattdessen muss der Blick nach vorne gerichtet sein. Wenn man beispielsweise bei seiner ersten beruflichen Veränderung nach mehreren Jahren von KPMG zu Ericsson wechselt, sollte man es beim neuen Arbeitgeber lieber vermeiden, ständig von den guten alten Zeiten bei der KPMG zu schwärmen! Lernen Sie, sowohl bei Arbeitgeberwechseln, aber auch bei Veränderungsprozessen, die Vergangenheit loszulassen.
8. Unverständliche und komplizierte Messages äußern
Schon als Studierender verdrehte man die Augen, wenn der Professor wieder darauf abzielte, sowieso schon komplexe Thematiken so kompliziert wie möglich auszudrücken. Wer soll und will das dann noch verstehen? Seien Sie nicht wie der Professor, den Sie nie mochten. Kompliziert verschachtelte Sätze und Fachterminologien lenken von den wesentlichen Kernbotschaften ab. Vielmehr sollten Kernbotschaften klar, sachlich und vor allem für jeden verständlich formuliert werden.
9. Manager-Slang
Wenn Sie mit Ihren Botschaften in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter bleiben wollen, sollten Sie auf Botschaften im Manager-Slang verzichten. Mit der Aussage „Wir müssen das EBITDA um 10% steigern um profitabel zu sein“ werden Sie garantiert nicht so viele Mitarbeiter erreichen können, wie mit der Aussage „Um Geld zu verdienen müssen wir in drei statt wie bisher in sieben Tagen lieferfähig sein“.
10. Interne und öffentliche Kommunikation trennen
In jedem Mitarbeiter steckt indirekt auch ein Öffentlichkeitsarbeiter, der in der Außenwelt als Multiplikator auftritt. So sollten Sie definitiv vermeiden, die externe der internen Kommunikation vorzuziehen, beispielsweise indem eine Pressemitteilung veröffentlicht wird, noch bevor Mitarbeiter informiert werden, oder wenn an Externe mehr Informationen preisgegeben werden als an Mitarbeiter. In der Situation eines Vertriebsmitarbeiters, der von der Verlängerung der Zahlungsziele erst zufällig durch einen Kunden erfährt, möchte keiner stecken!
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