Markenwerte bei Finanzierungen und Sanierungen aktiv nutzen

 

 

17.05.2024 | Sven Bornemann und Dr. Ottmar Franzen

 

Die Digitalisierung, neue Kundenanforderungen und Marktentwicklungen stellen viele Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle und Produktstrategien auf den Prüfstand. Neben den allgegenwärtigen Herausforderungen rund um Kosten und Erlöse verändern sich Kundenanforderungen und Wettbewerbsumfelder nachhaltig. Dies geschieht in zum Teil dramatischer Geschwindigkeit, in B2C- ebenso wie in B2B-Märkten. Sicher geglaubte Produkt- und Preisstrategien erweisen sich zunehmend als weniger haltbar als gedacht. Neuen Wettbewerbern gelingt es, schnell und effizient in immer mehr Märkte einzudringen und zum Teil deutliche Marktanteile zu gewinnen.

 

Die Bedeutung von Marken nimmt zu

Diese Veränderungen legen nahe, dass Kriterien wie eine schnelle Verfügbarkeit und ein günstiger Preis künftig die wesentlichen Treiber für Produktentscheidungen sowohl in B2C als auch in B2B sein werden. Ein zunehmendes Angebot an kaum unterscheidbaren Produkten mit oftmals unklaren Qualitätsversprechen führt allerdings schon heute dazu, dass Nutzer und Konsumenten wieder verstärkt nach Orientierung suchen. Marken spielen dabei nach wie vor eine wichtige Rolle.

Für die Inhaber von Marken ist es daher unabdingbar, sich um ihre Marken und deren Wert aktiv zu kümmern: Starke Marken ermöglichen Anbietern eine aktive Positionierung und klare Differenzierung vom Wettbewerb. Wichtig dabei: Marken haben einen monetären Wert, der sich ermitteln und nutzen lässt: Neben der Funktion als Marketing-Instrument auch als Teil des Unternehmenswerts bei Finanzierungs- oder M&A-Verhandlungen.

Sehr häufig gehören Unternehmens- und Produktmarken zu den wesentlichen Assets eines Unternehmens. Oftmals werden sie bei der Bewertung von Unternehmen allerdings nicht berücksichtigt. Ein nicht zu unterschätzender Vermögenswert vieler Unternehmen bleibt damit außen vor.

 

Mit valide ermittelten Markenwerten Finanzierungsbeiträge schaffen

Die Erfahrung zeigt, dass Marken bemerkenswerte Werte darstellen können: So können wir z. B. für die Baumarktkette OBI (international 4,4 Mrd. € Umsatz) aktuell einen Markenwert in Höhe von 1,5 Mrd. € ausweisen. Als Faustregel gilt, dass je nach Stärke der Marke ihr Wert bei ca. 5% bis 30% des mit ihr erzielten Jahresumsatzes liegt.

Da Markenwerte in Bilanzen nicht aktiviert werden dürfen, liegt ihr Wert häufig im Verborgenen. Ins-besondere kleinere und mittelständische Unternehmen sind sich der tatsächlichen Werte ihrer Mar-kenrechte nicht bewusst. Mit einer kleinen Überschlagsrechnung kann man sehr schnell den Wert einer Marke abschätzen. Hierfür benötigt man folgende Kennziffern:

  • Den langfristigen Jahresumsatz mit der Marke (z. B. der letzten 3 bis 5 Jahre)
  • Die langfristige Umsatzrendite nach Steuern, die mit der Marke erwirtschaftet wird
  • Den geschätzten Wertbeitrag, den die Marke zur Umsatzrendite beisteuert
  • (bei schwachen Marken eher 10%, bis starken Marken bis zu 70%)
  • Einen aktuellen Diskontierungszinssatz für Investitionen

Angenommen, die zu bewertende Marke hat die folgenden Kennziffern:

  • Jahresumsatz:              100 Mio. €
  • Umsatzrendite:              3%
  • Wertbeitrag:                   40% (entspricht einer mittelstarken Marke)
  • Diskontierungszins:        8%

Dann ergibt sich zunächst ein jährliches Ertragspotenzial für die Marke in Höhe von 100 Mio. € x 3% x 40%, also 1,2 Mio. €. Dieser Wert muss mit einem Kapitalwertverfahren auf die Zukunft hochrechnet und mit dem Diskontierungszins wieder abgezinst werden. In dem vorliegenden Beispiel beträgt dann der geschätzte Markenwert 1,2 Mio. € ÷ 8% = 15 Mio. €.

Für die Ermittlung von validen und durch Wirtschaftsprüfer testierbaren Markenwerten existieren spezielle Normvorschriften. Hierzu zählen der IDW S5 des Instituts der Wirtschaftsprüfer, eine DIN ISO Norm (10668) und die Grundsätze ordnungsgemäßer Markenbewertung des BDU e.V. (Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen e.V.), die es bei der Erstellung eines Markenwertgutachtens zu beachten gilt.

 

Sofern Markenwerte valide ermittelt werden, können sie für folgende Zwecke genutzt werden:

1. Sale and Lease back – Die Marke wird an einen Investor verkauft und dann für die eigene Nutzung geleast. Mit diesem Schritt wird kurzfristig frisches Kapital in die Kasse gespült. Vertraglich kann ein bevorzugtes Rückkaufsrecht für die Marke eingeräumt werden, das es dem alten Markeninhaber erlaubt, in einer wirtschaftlich besseren Situation die Markenrechte zurückzukaufen.

2. Besicherung der Markenrechte für Fremddarlehen – Wenn das Eigenkapital als Sicherheit nicht mehr ausreicht und auch keine Bürgschaften gestellt werden können, stellt die Marke die Sicherheit dar. Die Markenrechte werden an den Kreditgeber als Sicherheit abgetreten. Die Beleihung erfolgt im Regelfall nicht zu 100%, ca. 30% bis 40% sind aber realistisch.

3. Argument zur Anwerbung von neuen Investoren – Eine wertvolle Marke macht ein Unternehmen unbestritten attraktiver, insbesondere auch für neue Investoren. Neue Investoren können als stille oder als Neu-Gesellschafter das Eigenkapital erhöhen.

Darüber hinaus können Markenrechte dauerhaft verkauft werden. Hierfür gibt es spezielle Handelsplattformen, wie z. B. die Online-Markenbörse „Brand Village“ (www.brandvillage.com“). Hier kann man mit relativ geringem Aufwand die Markenrechte zu Übertragung auf andere anbieten.

 

Zusammenfassung

Die Bedeutung von Unternehmens- und Produktmarken als Orientierungs- und Differenzierungsfaktor wird weiter zunehmen. Marken stellen für Unternehmen daher einen wesentlichen Wert dar, der neben der Funktion als Marketing-Instrument bei Bedarf auch als werthaltiger Unternehmens-Bestandteil zum Beispiel für Finanzierungs- oder M&A-Verhandlungen genutzt werden sollte.

Den monetären Markenwert zu kennen, bietet im Rahmen von Finanzierungs- oder Sanierungsaktivitäten von Unternehmen vielfältige Vorteile. Die Finanzierungsmöglichkeiten der Sanierung werden durch Sale & Lease Back, die Besicherung von Marken oder das Gewinnen neuer Investoren signifikant erweitert. Im Falle einer Insolvenz können Markenrechte immer noch veräußert werden und damit einen Beitrag zur Erhöhung der Insolvenzmasse liefern.

 

Ihr Ansprechpartner Sven Bornemann

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