Revival der Werkswohnung

 

 

06.12.2022 | Artikel von Fran Brün (FRICS)

 

Die Werkwohnung, d.h. die Bereitstellung von Wohnraum für Personal, rückt durch den knappen Wohnungsmietmarkt und die kürzliche Zinswende wieder mehr in den Fokus von Investoren. Für Firmen, die dadurch die Möglichkeit nutzen können, Personal zu gewinnen und zu binden, ist das vorteilhaft. Dafür bieten sich mehrere erfolgsversprechende Modelle an. Aber auch Unternehmen, die bspw. Gemeinschaftsunterkünfte für Werksvertragspersonal benötigen bzw. schaffen müssen, sollten sich mit dieser Option beschäftigen.

 

Die Wiedergeburt der Werkwohnung?

Mitarbeiterwohnungen sind im Laufe der Jahrzehnte aus der Mode gekommen. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) schätzt den aktuellen Bestand nur noch auf rund 100.000 Werkswohnungen. Ende der 1970er Jahre waren es noch rund 450.000. Zwischenzeitlich haben sich die Unternehmen von einem Großteil der Immobilien getrennt, um die Bilanzen zu entlasten.

Aktuell fehlen rund 1 Million Wohnungen in Deutschland und das besonders in den Großstädten und Ballungszentren. Angesichts dieses aktuellen Wohnungsmangels bieten sich Werkswohnungen immer mehr als geeignetes Mittel an, die begehrten Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.

Nicht nur Konzerne greifen den Gedanken der Mitarbeiterwohnung oder Werkswohnung wieder verstärkt auf. Auch für Mittelständler und sogar kleine Unternehmen ist das sofort verfügbare Ein- oder Zwei-Zimmer-Apartment ein starkes Argument beim Werben um Fachkräfte. Es gibt den Neuen ausreichend Zeit, um vor Ort selbst das Passende zu finden. Zudem lassen sich so Probezeit, Ferienjob oder Praktikum ohne Stress überbrücken.

Bei einer Werkswohnung handelt es sich definitionsgemäß um eine Wohnung, welche aufgrund eines bestehenden Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses an Mitarbeiter eines bestimmten Arbeitgebers vermietet wird. Es handelt sich hierbei um ein besonderes Mietverhältnis.

Ferner unterscheidet man zwischen funktionsgebundenen Werkswohnungen, bei denen ein räumlicher und funktionsgebundener Zusammenhang in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit besteht, wie z.B. die Hausmeisterwohnung in einer Anlage, und allgemeine Werkswohnungen, bei denen das nicht der Fall ist und die den Großteil des Werkswohnungsbestands darstellt.

Der Werkmietvertrag ist, trotz seiner Gebundenheit an ein bestehendes Arbeitsverhältnis, rechtlich vom Arbeitsvertrag abgekoppelt, da für diese beiden Rechtsverhältnisse unterschiedliche Bestimmungen gelten. Das bedeutet, dass die Beendigung des einen Vertrages nicht direkt zur Beendigung des anderen Vertrages führt. Beide Verträge müssen getrennt abgeschlossen und gekündigt werden. Beispielsweise kann der Vermieter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses „Eigenbedarf“ geltend machen, wenn die Wohnung für einen anderen Mitarbeiter benötigt wird.

Die Unternehmen haben vielseitige Möglichkeiten Wohnraum zu schaffen, auch ohne zwangsläufig selbst bauen zu müssen:

  • Wohnungsbau in Eigenregie
  • Kauf von Wohnungen und Sanierung
  • Blockweise Anmietungen
  • Ankauf von Belegungsrechten
  • Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften
  • Mitgliedschaften von Mitarbeitern bei Wohnungsgenossenschaften

 

Eine Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften erscheint besonders vorteilshaft. Nach der Zinswende sind Investments in geförderten Wohnraum im Vergleich zum frei finanzierten Wohnungsbau wieder attraktiver geworden. Zuschüsse und zinsvergünstigte Darlehen fallen wesentlich mehr ins Gewicht.

Dadurch kann die Ausschüttungsquote über dem des frei finanzierten Wohnungsbaus liegen, so einer aktuellen Studie von Industria nach, einem Wohnungsunternehmen und Immobilienmanager in Frankfurt am Main. Derzeit sind laut Studie ca. 86.000 Sozialwohnungen mit Fertigstellung ab 2022 in Deutschland in Bau oder in Planung.

Seit Ende 2020 sind Unterkünfte gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArbStättV eindeutig als Arbeitsstätten zu verstehen und fallen damit unter den Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung. Seit dieser Änderung der Arbeitsstättenverordnung ist der Arbeitgeber auch dafür verantwortlich, dass sogenannte Gemeinschaftsunterkünfte, in der Beschäftigte untergebracht werden, sicher und angemessen gestaltet sind.

Das gilt für Wohnungen, gleichgültig, ob Beschäftigte dafür Miete zahlen oder nicht, und auch dann, wenn Dritte in Abstimmung mit dem Arbeitgeber diese Unterbringungen zur Verfügung stellen. Dazu zählen neben Betriebswohnungen, Wohnheimen usw. auch Baracken, Wohncontainer, Wohnwagen und andere Raumzellen.

Die Zurverfügungstellung ist üblich in der Landwirtschaft und dem Gartenbau, in der Fleischwirtschaft, der Gastronomie, im Tourismusgewerbe und bei Gesundheitsdienstleistern. Durch aufgetretene Masseninfektionen während der SARS-CoV-2-Epidemie wurde der breiten Öffentlichkeit bekannt, dass die bis zur Änderung der Arbeitsstättenverordnung Ende 2022 gültigen Regeln es erlaubten, dass viele ausländische Arbeitskräfte in desolaten Wohnverhältnissen untergebracht wurden. 

Häufig wurden im Auftrag der Personalvermittlungsfirmen für Unterbringungszwecke regelrechte Schrottimmobilien aufgekauft und vermietet, die so schlecht hergerichtet und unterhalten waren, dass es vielfach zu unzumutbaren gesundheitlich gefährdenden Zuständen kam. Aus diesem Anlass wurde in der neuen Arbeitsstättenverordnung der Begriff der Gemeinschaftsunterkunft definiert.

Dabei handelt es sich um Unterkünfte, die innerhalb oder außerhalb des Geländes eines Betriebes oder einer Baustelle gelegen, den Beschäftigten durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch Dritte entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Somit muss der Arbeitgeber auch für die Unterbringung die Verantwortung für die Angemessenheit übernehmen.

Dazu gehören die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung, die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Gemeinschaftsunterkünfte dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene entsprechend ausgestattet sind sowie schließlich die Sicherstellung einer geeigneten Dokumentation der genutzten Unterkünfte, welche jederzeit den Aufsichtsbehörden vorzulegen ist.

Es zeigt sich, dass Werkswohnungen nicht nur ein sehr geeignetes Mittel zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern darstellt, sondern auch die Gesamtheit an leistbarem Wohnraum verbessert. Letztendlich werden Werkswohnungen, insbesondere im geförderten Bereich, wieder als Investments in Immobilien interessant. Vorausgesetzt, das geschieht professionell mit qualifizierten und geeigneten Dienstleistern wie Berater oder Hausverwaltungen.

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