Unternehmens-Akademien als wichtiger Wettbewerbsvorteil

Dr. Christian Kühl

 

Unternehmens-Akademien oder auch Corporate Universities wachsen in ihrer Bedeutung rasant. Existierten in 2011 schon ca. 2.000 Firmenakademien so ist die Zahl heute auf mehr als 4.000 dieser Institutionen gewachsen. Training und Qualifizierung der Kunden, Partner und Lieferanten, Qualifizierung der Mitarbeiter und Ausbildung der Manager in einer firmeneigenen Ausbildungsstätte sollen die Wettbewerbsfähigkeit und den Erfolg, der Firma nachhaltig stärken.

Talente werden zunehmend die wichtigste Ressource und Firmen sind aufgefordert, diese Talente nicht nur anzuziehen, sondern diese dann auch innerhalb der Firma zu fördern und entsprechend weiterzubilden. Firmenakademien dienen als neues Zentrum des Wissensmanagements.

Die Einsatzgebiete und Ziele von Firmenakademien unterscheiden sich dabei, jedoch von Unternehmen zu Unternehmen in Abhängigkeit von der Zielgruppe und der strategischen Zielsetzung. Jedes Unternehmen hat anfänglich andere Zielsetzungen und Lernbedürfnisse. Marktentwicklungen können schnell zu Veränderungen führen und gleichzeitig kann eine Firmenakademie sich von einem reinen Trainingscenter zu einem strategischen Impulsgeber für die gesamte Organisation entwickeln.
Als entscheidende Erfolgsfaktoren für Firmenakademien gelten u. a.:

  • Nähe zur Geschäftsführung
  • Enge Verbindungen zur Firmenstrategie
  • Hochwertige Schulungsangebote
  • Aufzeigen eines individuellen Ausbildungspfades
  • Erfolgsmessung/ Wirkung der Schulung

1. Trainingscenter

In dieser Rolle vermittelt die Firmenakademie an alle Mitarbeiter und auch Manager regelmäßig Trainings. Das Ziel dieser Trainings ist operationale Exzellenz durch eine Anwendungsharmonisierung beim Einsatz der Firmenprozesse und Standards zu setzen. Für Kunden bedeuten diese Trainings, als Teil der vertraglichen Vereinbarung, das Erlernen der richtigen Anwendung der erworbenen Produkte und Dienstleistung und oft auch sinnvolle oder auch vorgeschriebene Qualifizierungsmaßnahmen.

2. Leadership und Förderung

Diese Form der Firmenakademien ist auf das mittlere und höhere Management ausgerichtet. Die Zusammenführungen von diesen Personen sollen den Korpsgeist und die Zugehörigkeit der Teilnehmer zu einer besonderen Gruppe stärken und führen nachweislich auch im Nachhinein zu einem Netzwerk von tiefen Beziehungen. Sie dienen ebenfalls zur Entwicklung von Talenten und Identifikation von zukünftigen Top Managern.

3. Strategieschmiede

Diese Firmenakademien befassen sich mit dem Top Management der Firmen und bieten als Inhalt die entscheidenden und wichtigen Firmenstrategien an. Das Ziel ist, die strategische Erfahrung der Teilnehmer mit den Herausforderungen der Firma zu verknüpfen. Der Lernprozess entsteht auf hohem Niveau mit der Entwicklung von anwendbaren und umsetzbaren Strategien für das Unternehmen.

4. Lernendes Netzwerk

Das Ziel dieser Firmenakademien ist, die Kreation einer lernenden Kultur und eines fortlaufenden Lernprozesses über den Seminarraum hinaus. Die Schulungsinhalte adressieren eine breite Basis des Managements und der Mitarbeiter, um die funktionalen, technischen und führungsrelevanten Fähigkeiten zu stärken.

Die Dynamik des Marktes zwingt Firmenakademien zur permanenten Anpassung der Ausrichtung. Dabei sind einige grundsätzliche Trends zu beobachten:

  • Zielgruppenerweiterung
    Während in der Startphase oft eine begrenzte Zielgruppe angesprochen wird, wird die Zielgruppe im weiteren Verlauf ausgeweitet auf z. B. alle Angestellten. Insbesondere die Netzwerkbildung und Ausbildung im mittleren Management wird oft verfolgt, um deren Effektivität zu steigern.
  • Anpassungen des Geschäftsmodells
    Als zweite grundsätzliche Entwicklungsrichtung finden Schulungen über Anpassungen des Geschäftsmodells statt. Die Firmenakademie ist nicht nur im Trainingsmodus, sondern agiert wie ein interner Consultant.
  • Learning on demand und Microlearning
    Das Lernen hat sich mit der immer schneller werdenden Wissensumwälzung und Digitalisierung gewandelt. Das formelle, organisierte Lernen mit festgelegten Inhalten, z. B. in Seminarform, spielt im Gesamtprozess des Lernens immer noch eine Rolle, die jedoch zunehmend abnimmt. Das informelle, bedarfsgerechte Lernen „Learning on demand“ wird immer wichtiger. Hinzu kommt ein immer stärker zu beobachtender Trend zum „Microlearning“, also dem Lernen in immer kleiner werdenden Einheiten bis zur Einzelperson.
    Um diesen Entwicklungen gerecht werden zu können, sind methodisch und didaktisch gut strukturierte Online-Trainingsangebote ein ideales Werkzeug. Ein Erneuerungsprozess in der Lehrmethodik hat zu einer Mischung aus innovativem Präsenzunterricht (z. B. Strategie- und Vertriebstrainings), informellen Treffen und digitalem Lernen (z. B. Compliance Trainings) geführt.
  • Wettbewerb um die Talente
    Die Corporate Universites dienen auch als wichtiges Qualitätszeichen der internationalen Personalpolitik, weil sie hohe Investitionen in die eigene Belegschaft signalisieren und dadurch Personalbindung und -gewinnung erleichtern. Die Ausrichtung der Firmenakademien kann z. B. auch Talente in asiatischen und sich entwickelnden Märkten ansprechen, um durch ein lokales Management in diesen Ländern eine tiefere Verwurzelung zu erhalten.
  • Kundenbindung
    Die international ausgerichteten Trainingscenter für Kunden erhöhen die Kundenbindung und spielen damit eine wichtige Rolle für das partnerschaftliche und beratende Beziehungsverhältnis zwischen Kunde und Lieferant. Ein internationales Listing als Lieferant einschließlich Training bedeutet für neue Wettbewerber eine sehr hohe Einstiegsbarriere.

Die Erfolgsmessung der Trainings ist eine der schwierigen Herausforderungen, weil der Zeitpunkt des Trainings und die erfolgreiche Umsetzung oft weit auseinander liegen können.

Oft wird die Teilnahme nur bestätigt. Es folgt die Beurteilung des Trainings durch den Teilnehmer als Reaktion am Ende des Seminars. Nach Rückkehr in den Berufsalltag ist manchmal noch eine anfängliche Begeisterung zu spüren. Effektive Veränderungen bei dem Geschulten werden kaum gemessen und die bei sonstigen Investitionen geforderte ROI Berechnung findet nur bei vereinzelten Firmenakademien statt.

In Eigenregie geführte Unternehmens-Akademien fördern eine Kultur des lebenslangen Lernens, haben das Potenzial Wissenslücken zu schließen, gemeinsames Lernen zu initiieren und Top-Manager zu entwickeln. Sie sind in der Lage innerhalb einer Firma eine gemeinsame Identität zu schaffen. Die permanente Anpassung der Ausrichtung ist als innovativer Change Management Prozess zu verstehen. Dieser hat die Bedürfnisse der Kunden und Mitarbeiter sowie sich verändernde Zielsetzungen durch die Märkte und die Geschäftsführung aufzunehmen.

Jedes Unternehmen hat andere Lernbedürfnisse und unterliegt komplexen Veränderungsprozessen mit Einfluss auf die Zielfestlegung, eine Strategiefindung oder ein Benchmarking mit anderen Firmen. Denn Corporate Universities haben nur dann eine tatsächliche Chance, wenn sie fortwährend als strategischer Schrittmacher für die Qualität und Exzellenz der gesamten Organisation gesehen werden.

 

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