Nachhaltigkeit von Unternehmen

Kunden suchen belastbare Daten

 

13.10.2023 | Dr. Ottmar Franzen und Dr. Ralf Maus

 

Die Mehrzahl der deutschen Unternehmen hat bereits Nachhaltigkeitsziele und Nachhaltigkeitsmaßnahmen definiert und implementiert. Jedoch zeigen unsere Umfragen, dass dies bei den Konsumenten und Käufern kaum positiv wahrgenommen wird. Selbst die oft verwendeten Gütesiegel haben bei vielen Käufern eine geringe Glaubwürdigkeit, beziehungsweise werden als selbstverständlich angenommen.

Dabei ist „Nachhaltigkeit“ als Zielgröße für das gesamtwirtschaftliche Handeln zunehmend in den gesellschaftlichen Diskurs gerückt. Nicht zuletzt die Formulierung der 17 Nachhaltigkeitsziele seitens der UN, zunehmender Erwartungsdruck durch die Konsumenten und die Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Investitionsentscheidungen von Private Equity-Unternehmen veranlassen Unternehmensentscheiderinnen und -entscheider sich intensiv mit Nachhaltigkeit zu befassen.

Aber wie wird der Begriff Nachhaltigkeit von Konsumenten verstanden und welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung? Die aktuell von ANXO und Konzept & Markt gemeinsam mit dem Dähne-Verlag publizierten Bau- und Gartenmarktstudien liefern hierzu belastbare Hinweise. In beiden Studien wurden insgesamt 4.000 repräsentativ ausgewählte Kundinnen und Kunden von Bau- und Heimwerkermärkten bzw. Gartenfachmärkten befragt.

Dabei wird „Nachhaltigkeit“ im Wesentlichen mit einem sparsamen Einsatz von Ressourcen und mit Umweltschutz in Verbindung gebracht. Je jünger die Befragten sind, desto eher spielen auch gesell-schaftliche Aspekte eine Rolle. Im Detail zeigt sich das folgende Begriffsverständnis: Die deutliche Mehrheit der Befragten sieht Nachhaltigkeit in Sinne von „sparsamen Einsatz von Ressourcen“ und als „Schutz bzw. Schonung der Umwelt“. Die Hälfte verbindet mit Nachhaltigkeit „Klima- und Arten-schutz“ und ein Drittel erwartet darüber hinaus „Verantwortung für nachfolgende Generationen“. 
 

Abb.1: Befragung: Allgemeine Assoziation mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“


Weitere Facetten des Begriffs Nachhaltigkeit, die aber weniger im Fokus stehen, sind „Verantwortung für die Gesellschaft“, „Verantwortung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen“, „Transparenz von Herstellungsprozessen“ und „Einhaltung von gesellschaftlichen Regeln“. Letztere Aspekte werden in deutlich höherem Maße von der Generation Z als von den übrigen Altersgruppen zurückgespielt.

Die aktuellen Bemühungen von Obi oder Toom, beispielsweise durch den Verzicht von Handzettelwerbung mehr für die Nachhaltigkeit zu tun, sind prominente Beispiele, wie seitens der Unternehmen mit den Nachhaltigkeitsanforderungen umgegangen wird. Zahlreiche Hersteller von DIY- und Gartenprodukten rücken die Nachhaltigkeit der von ihnen verwendeten Vorprodukte und Inhaltsstoffe, der Lieferketten und die Arbeitsbedingungen beim Herstellungsprozess in den Mittelpunkt ihrer Kommunikationsaktivitäten. Das Vorhandensein bestimmter Gütesiegel, wie FSC, Blauer Engel oder Öko-Test gehört fast schon zu einer Grundbedingung für den Markterfolg.

Denn: Für 8 von 10 Bau- oder Gartenmarktkunden hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert. Dabei stehen Umweltaspekte weit vor den gesellschaftlichen Implikationen, etwa die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung oder das Engagement von Unternehmen für soziale Belange. Dabei wird die Branche gegenwärtig in Sachen Nachhaltigkeit aber eher skeptisch beäugt. Nur 7% der Befragten betrachten die bisherigen Aktivitäten als „sehr glaubwürdig“. Da die Ergebnisse aus der Perspektive der Baumarkt- und der Gartenmarkt-Kundinnen und -Kunden trotz unterschiedlicher Stichproben deckungsgleich sind, lassen sie sich auch auf andere Branchen übertragen. M.a.W.: Unternehmen müssen sich derzeit – mit wenigen Ausnahmen – mit einem Glaubwürdigkeitsproblem in Sachen Nachhaltigkeit auseinandersetzen.

 

Gütesiegel reichen nicht

Unter den einschlägigen Gütesiegeln und NGOs haben nur wenige genügend Durchschlagkraft und Glaubwürdigkeit, um die Anbieter bei der Positionierung von Nachhaltigkeitsthemen wirksam unterstützen zu können. Hier sind insbesondere Blauer Engel, Ökotest und Fair Trade zu nennen. Zahlreiche Gütesiegel sind aber entweder noch relativ unbekannt, oder es bestehen keine klaren Vorstellungen, so dass sie auch bei der Glaubwürdigkeit derzeit nicht punkten können.
 

Abb.2: Befragung: Stellenwert von Gütesiegeln


Hinzu kommt, dass eine sehr große Anzahl von Gütesiegeln den Anspruch erheben, Garant für Nachhaltigkeit zu sein. Viele dieser Siegel müssen allerdings erst Markenbekanntheit aufbauen und breiter kommunizieren, wofür sie stehen. Dies können und wollen die Lizenznehmer von Gütesiegeln im Grunde nicht leisten bzw. es würde sich wirtschaftlich nicht lohnen. Um die Attraktivität von Produkten im Sinne der Nachhaltigkeit wirksam zu steigern, kommen daher nur 6 Gütesiegel wirklich in Frage: „Fair Trade“, „Blauer Engel“, „Öko Test“, „Vegan“, „FSC“ und „Klimaneutral“. Es ist damit wahrscheinlich, dass diese Gütesiegel von vielen Anbietern genutzt werden. Eine Differenzierung vom Wettbewerb wird daher mit Gütesiegeln allein kaum möglich sein. Sie sind eher als „Must Have“ zu sehen, als ein differenzierendes Element. Dennoch wird es ohne das Placet von einschlägigen Gütesiegeln oder NGOs in Zukunft kaum gehen.

Gütesiegel allein werden daher nicht ausreichen, um das Verantwortungsbewusstsein der Hersteller glaubhaft zu belegen. Nur wenn die Aktivitäten zur Nachhaltigkeit offen, belegbar und ehrlich kommuniziert werden, können Hersteller positive Effekte erwarten und eine differenzierte Wahrnehmung bei den potenziellen Käuferinnen und Käufern bewirken.

 

Das Glaubwürdigkeitsproblem der Unternehmen

Neben der Bekanntheit und Vertrauen von Gütesiegeln, zeigt die Umfrage auch, wie Unternehmen, Branchen und Marken bezüglich Nachhaltigkeit wahrgenommen werden. Hier zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen Herstellern in einzelnen Branchen, aber auch zwischen Branchen und Marken. Beispielsweise wird der Bauchemikalienhersteller SIKA als Hersteller in seiner Branche deutlich engagierter im „Umweltschutz“ wahrgenommen als andere Hersteller in seiner Branche.
 

Abb.3: Befragung: Beurteilung im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte


Diese Unterschiede zeigen sich auch für andere Kriterien wie „Arbeitsbedingungen“ oder „Glaubwür-digkeit Nachhaltigkeit“. Auch in anderen befragten Branchen, bspw. Bad & Sanitär und Farben & La-cke, zeigen sich zum Teil gravierende Unterschiede in der Glaubwürdigkeit unterschiedlicher Marken / Hersteller. In der Umfrage wurde nicht befragt, woher diese unterschiedliche Wahrnehmung der Konsumenten herrührt. Jedoch ist bekannt, dass viele grüne Versprechen vage oder sogar irreführend sind, was zu einem Meiden dieser Marken und Unternehmen seitens der Verbraucher führt.

Auf jeden Fall sollten sich die Unternehmen über diese Unterschiede, und deren Auswirkungen auf die Kaufentscheidung bewusst sein. Zahlreiche Unternehmen haben daher begonnen, die Effektivität von Nachhaltigkeitsaktivitäten bezüglich Endverbraucherverhalten zu überprüfen. Solche gezielten Umfragen liefern wertvolle Erkenntnisse, wo Nachhaltigkeitsinitiativen geschärft, fokussiert und angepasst werden können, um die Wahrnehmung und das Kaufverhalten der Endverbraucher zu verbessern. Wie oben dargestellt, reichen Gütesiegel bei weitem nicht aus, sondern Endverbraucher wünschen sich weitere belastbare Daten und Fakten zu den Anstrengungen der Unternehmen zur Erreichung der Klimaziele. Daher sollten in den Nachhaltigkeitsprojekten auch Marketing und Sales Funktionen mitarbeiten, damit die Kunden- und Verbrauchersicht in die Ziele mit einfließt, und der Benefit der Projekte nicht nur im Erreichen der Klimaziele, sondern auch im positiven Markenimage und im gesteigerten Verkauf mündet. Ganz nach dem Motto: tue Gutes und spreche darüber!

 

Der richtige Ansatz

Wir sehen, dass Konsumenten den Nachhaltigkeitsaussagen von Unternehmen, inklusive Gütesiegeln, oft wenig Vertrauen geben. Jedoch ist zu beachten, dass ein hohes Vertrauen in die Marke eine Grundvoraussetzung für die Glaubwürdigkeit von Nachhaltigkeit ist. Auch hier zeigen Untersuchun-gen, dass Konsumenten diesen Zusammenhang oft extrapolieren. Ohne vertrauensvolle Marke mit starkem Markenkern, wirken Nachhaltigkeitsthemen nicht oder kaum glaubwürdig.

Erst wenn diese Basis gelegt ist, können Unternehmen in die effektive Kommunikation von Nachhaltigkeit eintreten. Diese Ziele müssen für den Konsumenten relevant, transparent und belegbar sein. Drei wichtige Kriterien, die nur mit sorgsamer Analyse in Zusammenspiel mit Marktforschung, Supply Chain, Produktion, Marketing und Vertrieb gefüllt werden können. Bei überschneller, wenig sorgsamer Vorarbeit und Kommunikation liegt die große Gefahr, dass die Kommunikation „verpufft“ oder schlimmer, es die Konsumenten als Greenwashing wahrnehmen.  

Nur das Zusammenspiel von starker Marke und der effektiven Kommunikation der Nachhaltigkeitsanstrengungen wird beim Konsumenten Vertrauen wecken und schlussendlich seine Bereitschaft erhöhen, das Produkt zu wählen oder ein Premium dafür zu zahlen.

Das ultimative Ziel der Maßnahmen wird sein, dass der Konsument das Thema Nachhaltigkeit intrinsisch mit Ihrer Marke und Ihrem Unternehmen verbindet, wie auch andere grundlegenden Produktei-genschaften und Funktionalitäten.

 

Zusammenfassung

Nachhaltigkeit ist als Unternehmensziel längst etabliert und rückt auch zunehmend in den Fokus der Stakeholder. Dabei gilt es, die eigenen Aktivitäten im Hinblick auf die Nachhaltigkeit möglichst transparent und glaubwürdig zu vermitteln. Unsere Umfragen haben gezeigt, dass die Verwendung und Glaubwürdigkeit von Gütesiegeln oder die Unterstützung von einschlägigen NGOs bei weitem nicht ausreichen. Kunden und Stakeholder verlangen konkrete und belegbare Maßnahmen, Daten und Fakten zu den Nachhaltigkeitsaktivitäten. Nur so können positive Effekte auf Markenimage und Umsatz erreicht, und die Gefahr des Greenwashings minimiert werden. Die Unterschiede zwischen den Marken und Branchen zeigen deutlich, dass es in der Hand der Unternehmen liegt, dies positiv zu gestalten.

 

 

Ihr Ansprechpartner Dr. Ottmar Franzen

Tel.: +49 (0) 6192 40 269 0
Email: ottmar.franzen@anxo-consulting.com

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