Monetarisierung der Nachhaltigkeit
in der B2B-Wertschöpfung
17.05.2024 | Artikel von Dr. Ralf Maus
In einem früheren Beitrag Iauf Linkedin haben mein Kollege Dr. Ottmar Franzen und ich schon über das Thema Nachhaltigkeit und Marke geschrieben. Ein maßgebliches Ergebnis war, dass Consumer im Heimwerker- und Baumarktumfeld zwar bereit sind, für nachhaltige Produkte ein Preis-Premium zu zahlen, aber dass viele Konsumenten die Aussagen zu Nachhaltigkeitsversprechen der Unternehmen als unglaubwürdig empfinden. Das so genannte Greenwashing.
Im Folgenden werfen wir einen Blick darauf, wie Anstrengungen (= Aufwände) in die Nachhaltigkeit als (glaubhaften, relevanten) Wert für den Kunden, Käufer dargestellt werden können. Ziel sollte sein, höhere Preise und/oder höhere Umsätze zu erzielen, welche wiederum die Investitionen in die Nachhaltigkeit refinanzieren.
Die meisten Anstrengungen der Chemie- und Industrie-Unternehmen in die Nachhaltigkeit liegen in Maßnahmen zum Klimaschutz, in der Reduktion der Treibhausgasemissionen (gemäß Scope 1 – 3 des internationalen Unternehmensstandards GHG Protocol) und der Kreislaufwirtschaft. Viele Quick Wins waren in den Einsparungen bzw. Effizienzprogrammen (Energie, in der Produktion und Operations) erreichbar, oder auch den Bezug von erneuerbarer Energie (Scope 1-2).
Die Nachhaltigkeits-Anstrengungen auch in den Produkten wertschöpfend zu verankern, fällt den meisten Unternehmen schwer. Besonders die unterschiedliche Bewertung der verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekte von Seiten der Konsumenten stellt hier eine Hürde für Unternehmen dar.
Lassen Sie uns daher einen Blick auf 6 wichtige Punkte zur besseren Monetarisierung von Nachhaltigkeit werfen:
- Nachhaltigkeitsthemen in der gesamten Wertschöpfungskette finden
- Quantifizierung und Wertermittlung
- Regulatorik und deren Anwendung im Einkauf
- Skalierung
- Markenwahrnehmung und Glaubwürdigkeit
- Timing
1. Nachhaltigkeitsthemen in der gesamten Wertschöpfungskette finden
Um Nachhaltigkeitsaspekte im B2B Geschäft zu monetarisieren, ist es wichtiger denn je, die gesamte Wertschöpfungskette, von Lieferant zu Endkonsument, zu betrachten (siehe Abb. 1).
Abb.1: Wertschöpfungskette von Lieferant zu Endkonsument
In jeder Stufe dieser Kette wird es unterschiedliche Bedürfnisse zur Nachhaltigkeit geben, aber auch eine unterschiedliche Bereitschaft ein Preis Premium dafür zu zahlen. Gerade bei letzterem ist es nicht nur wichtig, glaubwürdig zu agieren, sondern auch die Bedürfnisse aller Beteiligten zu verstehen. Gerade hier tun sich viele B2B Unternehmen schwer, da ihre Marktkenntnisse sich auf die benachbarten Wertschöpfungsstufen konzentrieren.
2. Quantifizierung und Wertermittlung
Um die Unterschiede klar und quantifizierbar zu machen, helfen Segmentierungen der Kunden und Märkte, denen man die höchste Willingness-to-Pay zutraut. Oder man nimmt preissensitive Segmente, in denen man aber durch Hinzufügen von Nachhaltigkeitsmerkmalen Marktanteile hinzugewinnen kann. Klassisches Beispiel sind Drogerieprodukte, die mit „vegan“ gekennzeichnet sind.
Punkte 1 und 2 sind die entscheidenden Fragen, die zu beantworten sind, bevor man Preis oder Umsatzerwartungen mit Nachhaltigkeit formulieren kann.
3. Regulatorik und deren Anwendung im Einkauf
Ein weiterer bedeutender Aspekt ist auch Regulatorik oder Einkaufsregeln. In letzteren werden häufig bereits Klauseln zur Nachhaltigkeit integriert, ohne deren Erfüllung keine Lieferantenbeziehung möglich ist (must-have). Hier besteht die Chance sich einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten, und somit Marktanteile gewinnen, die dem Wettbewerb nicht oder nur schwer zugänglich sind.
4. Skalierung
Wenn die Analysen gemacht und ein Zielsegment identifiziert sind, kommt ein weiteres wichtiges Kriterium hinzu: Skalierung. Um die Economy of Scale in den Aufwendungen für nachhaltige Produkteigenschaften zu nutzen, muss das Zielsegment ausreichend groß sein, eine kritische Größe überschreiten. Diese Größe hängt von vielen Faktoren, bspw. Markt, Branche, Produktsegment, ab und muss immer individuell ermittelt werden.
5. Markenwahrnehmung und Glaubwürdigkeit
Fünfter wichtiger Aspekt ist die Glaubwürdigkeit der Marke bezogen auf die Nachhaltigkeit. Die Marke spielt sehr häufig eine herausragende Rolle bei der Kaufentscheidung, und wenn die Marke nicht „vertrauenswürdig“ ist, beispielsweise wurde sie wurde mit Umweltskandalen oder mit schlechten Arbeitsbedingungen verbunden, dann wird auch die Nachhaltigkeit wenig glaubwürdig sein. Daher muss hier eine entsprechende Vorarbeit in eine positive Markenpositionierung vorausgehen.
Die absolute und relative Markenwahrnehmung kann verbessert werden, wenn man sich auf die relevanten Kundengruppen konzentriert, deren Bedürfnisse versteht und mit dem Produktversprechen klar adressiert. Die verbesserte Markenwahrnehmung wird sich in einem gesteigerten Markenwert widerspiegeln.
6. Timing
Zum Abschluss ist das Timing zu nennen. Da sich viele Unternehmen Nachhaltigkeitszielen verpflichten und diese in naher Zukunft erreichen wollen, wird die Nachhaltigkeit zu einem organischen Teil vieler Marke, und Standardqualitätsmerkmal vieler Produkte. Das heißt, es tritt eine Art Commodisierung ein und Kunden und Käufer werden nicht mehr bereit sein, ein Preis Premium zu zahlen. Somit müssen die Unternehmen frühzeitig beginnen, die Monetarisierung voranzutreiben.
Fazit
Die Monetarisierung von Nachhaltigkeit in der B2B-Wertschöpfung erfordert ein tiefgehendes Verständnis und eine strategische Herangehensweise. Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsthemen entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifizieren und quantifizieren, um deren Wert für die Kunden zu ermitteln.
Die Regulatorik und Einkaufsregeln bieten Chancen, sich Wettbewerbsvorteile zu sichern, während Skalierung eine kritische Masse an Zielsegmenten voraussetzt, um nachhaltige Investitionen zu rechtfertigen. Eine glaubwürdige Markenwahrnehmung ist essenziell, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und die Akzeptanz für nachhaltige Produkte zu erhöhen.
Und schließlich ist das Timing entscheidend: Da Nachhaltigkeit zunehmend zum Standard wird, müssen Unternehmen jetzt handeln, um die derzeitigen Marktchancen zu nutzen und einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Das „window of opportunity“ ist nur jetzt und in den nächsten Jahren geöffnet.
Ihr Ansprechpartner Dr. Ralf Maus
Tel.: +49 (0) 6192 40 269 0
Email: ralf.maus@anxo-consulting.com
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