Sanierungsoptionen
12.04.2022 | Artikel von Fredrik Ljungman
Der Tag danach ist gekommen.
Der Schluck aus der Corona-Pulle war zu groß und die vom Staat geforderten Rückzahlungen sind (voraussichtlich) nicht zu stemmen oder die anhaltende Rohstoffkrise hat zu große Spuren in der Kasse hinterlassen.
Möglich ist auch, dass die durch Corona-Gelder kaschierten Strukturprobleme des Unternehmens (wieder) zum Vorschein kommen. Was tun? Insolvenz anmelden? Oder gibt es andere Möglichkeiten? Da schwirren Begriffe herum wie Schutzschirm, Eigenverwaltung, StaRUG. Aber was ist das?
Anbei ein Versuch ein wenig mit den Begrifflichkeiten aufzuräumen und unterschiedliche Möglichkeiten der Unternehmenssanierung aufzuzeigen. Vor allem wird versucht auch für Unternehmer ohne juristische Vorkenntnisse das Thema verständlich zu erklären.
Nachhaltiges Geschäftsmodell?
Mit dem Geschäftsmodell fängt alles an. Wenn das nicht stimmt, oder stimmend gemacht werden kann, brauchen wir uns um eine Sanierung im eigentlichen Sinne nicht zu kümmern, sondern sollten unter Umständen eine Liquidation anstreben.
Je früher und häufiger das heutige und zukünftige Geschäftsmodell überprüft wird, um zu größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein nachhaltiges Geschäftsmodell sich für das Unternehmen etabliert und ab und zu angepasst wird.
Wenn das Geschäftsmodell an sich stimmt, aber historische interne Entscheidungen oder externe unvorhergesehene Ereignisse das Unternehmen Richtung ein Liquiditätsengpass treibt, dann kann ein Sanierungsverfahren notwendig werden. Aber welches?
Abb.1: Sanierungsverfahren im Überblick
Grob beschrieben kann gesagt werden, dass je früher man sich mit dem Thema beschäftigt, umso selbstbestimmter und günstiger wird das Verfahren. Zudem ist ein potenzieller Imageschaden wahrscheinlicher, je später man sich eingesteht, dass eine Restrukturierung oder gar Sanierung notwendig ist.
Aber damit ist nicht alles gesagt. Verschiedene Sanierungsverfahrenstypen eignen sich unterschiedlich gut für unterschiedliche Rahmenbedingungen.
Hier ein Versuch diese anschaulich zu machen.
Restrukturierung
Wenn festgestellt wird, dass das Geschäftsmodell (demnächst) überholt ist und genug Liquiditätspolster aufgebaut wurde, um aus eigener Kraft das Geschäftsmodell zu ändern, bietet sich eine Restrukturierung an. Diese sollte gut überdacht und definiert sein.
Siehe White Paper von Ralf Strehlau vom 08.03.2022, „Reorganisation und Restrukturierung in Krisenzeiten“. Hier die Zusammenfassung:
- Unternehmensveränderungen sollten wie andere Projekte mit klaren Zielen, Strukturen, Zeitplan und Projektabschluss definiert werden
- Nur eine konsequente und strukturierte Vorgehensweise bei der Planung, Umsetzung und Verstetigung der Ergebnisse sichert den Erfolg
- Die Kommunikation an die Mitarbeiter über eine beginnende umfassende Veränderung sollte so offen und früh wie möglich durchgeführt werden. Letztendlich müssen die Mitarbeiter alte Gewohnheiten aufgeben und den Unternehmenswandel leben
- Das frühe Umsetzen erster Aktivitäten zeigt die Wandlungsbereitschaft des Managements und setzt klare Zeichen in Richtung Mitarbeiter
- Die Messung der erreichten Ziele wird am besten gewährleistet durch einen Rückgriff auf existierende Unternehmenskennzahlen
- Erreichte Ziele müssen kommuniziert werden
- Regelmäßige Kontrolle während und über das Projekt hinaus garantieren eine Verstetigung des Erfolges und vermeiden den Rückfall in alte Verhaltensmuster
Das White-Paper kann angefordert werden.
Außergerichtliche Sanierung
Wenn noch keine Insolvenzantragspflicht besteht, kann eine außergerichtliche Sanierung angestrebt werden. Sinnvoll ist es in dem Zusammenhang ein Gutachten nach IDW S6 – Standard zu erstellen. Anhand von dem Sanierungsgutachten werden Wege aufgezeigt, wie das Unternehmen aus der (Liquiditäts-) Krise kommt und wie es sich nachhaltig sanieren möchte.
Denkbar ist es Gläubiger dazu zu bewegen, auf Rückzahlungen von Darlehen ganz oder teilweise zu verzichten. Häufig sind die Ansprechpartner die Hausbanken, es können aber auch Lieferanten sein. Eine Einbeziehung der Kunden kann sinnvoll sein, wenn die Produkte des Unternehmens unverzichtbar sind. So kann ein Sanierungsbeitrag in Form von erhöhten Preisen, Sanierungsdarlehen etc. angestrebt werden.
Wichtig ist die offene Kommunikation mit den betroffenen Stakeholdern. Das Vertrauensverhältnis darf auf keinen Fall zerrüttet werden, da das eine außergerichtliche Sanierung erheblich erschwert. Die außergerichtliche Sanierung erfolgt für die Gläubiger auf freiwillige Basis, keiner kann zu etwas gezwungen werden.
Für die Geschäftsleitung ist diese Art der Sanierung die haftungsärmere Version der Sanierung.
StaRUG – Präventiver Sanierungsrahmen
Der präventive Restrukturierungsrahmen ermöglicht es Unternehmen, welche noch nicht zahlungsunfähig sind, eine Sanierung durchzuführen, ohne dabei ein Insolvenzverfahren anmelden zu müssen. Das Vorhaben wird am zuständigen Registergericht angezeigt.
Es muss neben der derzeitigen Zahlungsfähigkeit auch dargestellt werden können, dass das Unternehmen während der „StaRUG-Sanierung“ nicht zahlungsunfähig wird. Allerdings muss gleichzeitig die drohende Zahlungsunfähigkeit ohne Sanierung dargestellt werden.
Neben dieser Darstellung ist auch ein Sanierungsplan zu erstellen, anhand dessen die Krisenursachen und die geplanten Maßnahmen zur Krisenbeseitigung für das Unternehmen gezeigt werden. Auch wird die Umsetzung der Maßnahmen beschrieben.
Grob gesagt orientiert sich der Sanierungsplan an einem Insolvenzplan.
Das Verfahren ist sinnvoll, wenn einzelne Gläubiger sich gegen eine außergerichtliche Sanierung stellen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich diese Gläubiger zu einem Verzicht zu zwingen. Eine Zustimmung von 75% der jeweiligen Gläubigergruppen wird benötigt.
Einzelne Verträge wie Leasing oder Miete (sogenannten Dauerschuldverhältnisse) können in dem Sanierungsrahmen nicht gekündigt werden, was in einem Insolvenzverfahren möglich ist.
Insolvenzverfahren
Die drei unterschiedlichen Verfahrensformen (Schutzschirm, Eigenverwaltung, Regelinsolvenz) sind alle unterschiedlich geführte Insolvenzverfahren. Sie dienen alle zur bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger (§1 InsO – „Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.“)
Auch hier gilt, je früher man sich um das Thema kümmert, umso besser für das Unternehmen, die Gesellschafter und die Geschäftsführer. Zumindest erhöhen sich die Möglichkeiten für diese Beteiligten erheblich, wenn Liquidität im Unternehmen noch vorhanden ist oder verfügbar gemacht werden kann.
Eigenverwaltete Insolvenz
Der Schutzschirm ist eine Möglichkeit in einer Eigenverwaltung früh einen konkreten Insolvenzplan vorzulegen. Es besteht auch die Möglichkeit den sogenannten Sachwalter auszuwählen. Um ein Schutzschirmverfahren anmelden zu können, darf die Zahlungsunfähigkeit nicht eingetroffen sein. Mit dem Schutzschirm ist eine sogenannten Eigensanierung möglich, d.h. ein Schuldenschnitt wird über einen Insolvenzplan „erzwungen“ und das Unternehmen bleibt erhalten.
Die Eigenverwaltung kann auch bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit beantragt werden, sofern gezeigt werden kann, dass das Unternehmen in der Eigenverwaltung über die liquiden Mittel verfügen wird, um das Verfahren zu bezahlen. Hier kann ein Sachwalter zumindest vorgeschlagen werden. In einem Eigenverwaltungsverfahren kann entweder ein Insolvenzplan oder eine sogenannte übertragene Sanierung, zum Abschluss des Verfahrens führen. Bei der übertragenen Sanierung werden die Assets des Unternehmens verkauft, um die Gläubiger zu bedienen. Bei dem Insolvenzplan wird z.B. ein Betrag von einem dritten bezahlt, um die Gläubiger abzulösen, und das Unternehmen bleibt mit dem gleichen Rechtsträger erhalten. Auch Haftungsthemen können in dem Insolvenzplan mitberücksichtigt und erledigt werden.
Auch wenn ein Unternehmen, welches mittels Insolvenzplans saniert wurde, im Handelsregister diese Historie dokumentiert bekommt, und auch die Gläubiger die Insolvenzgeschichte des Unternehmens bei weiteren Geschäftsverlauf im Hinterkopf behalten, bleiben Unternehmenslizenzen und -zertifizierungen, Genehmigungen, Lieferantennummer etc. erhalten.
Bei der eigenverwalteten Insolvenz bleibt der Geschäftsführer (unter Überwachung des Sachwalters) handlungsfähig. Also haben Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter etc. den gleichen Ansprechpartner wie sonst. So kann das Unternehmen ab Beantragung der Eigenverwaltung sofort mit der Sanierung anfangen.
Regelinsolvenz
Bei einer Regelinsolvenz wird eine vom Gericht bestimmten Person zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter bestellt. Sie verwalten und verfügen über das Vermögen des Unternehmens im Sinne der Gläubiger. Auch in der Regelinsolvenz kann ein Insolvenzplan oder eine übertragene Sanierung erfolgen. Die Möglichkeiten der Gesellschafter und der Geschäftsführer den Insolvenzprozess mitzugestalten sind begrenzt. Der Insolvenzverwalter ist der neue Chef im Haus.
Wer braucht denn Berater?
Kann ich dann als Geschäftsführer selbst die Restrukturierung oder Sanierung angehen? Sagen wir es so; Die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhaben gut ausgeht, ist höher, wenn erfahrene Restrukturierungsmanager und oder Sanierer mit an Bord sind. Die rechtlichen Aspekte sind ein wichtiges Thema, welches von auf Insolvenzrecht spezialisierte Kanzleien begleitet werden soll. Viel wichtiger ist es aber die Transformation des Geschäftsmodells voranzutreiben, damit die Restrukturierung / Sanierung auch nachhaltig ist. Sie wollen nicht alle Jahre wieder solche für das Unternehmen schmerzhafte Prozesse durchlaufen! Aus meiner Sicht wird dieser Prozess am besten von erfahrenen Interimsmanager und Beratern vorangetrieben.
Kümmern Sie sich frühzeitig!
Je später sich die Geschäftsleitung um eine (potentielle) Krise kümmert, umso teurer wird die Lösung und umso fremdbestimmter das Ergebnis. Wir helfen Ihnen gerne, einen Krisenfrüherkennungsprozess in Ihrem Unternehmen aufzubauen und unterstützen Sie auch bei erforderlichen Transformationsprojekten.
Sollten Sie doch zu spät dran sein, unterstützt Sie ANXO in der wirtschaftlichen Vorbereitung des richtigen Sanierungsinstruments. Selbstverständlich beziehen wir in den Prozess die insolvenzrechtlichen Experten bei Bedarf ein. Auch für die Durchführung der Restrukturierung oder Sanierung stehen Ihnen unsere (insolvenz-) erfahrenen Interimsmanager zur Verfügung.
Ihr Ansprechpartner Fredrik Ljungman
Tel.: +49 (0) 6192 40 269 0
E-Mail: fredrik.ljungman@anxo-consulting.com
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