Wo bitte ist das New Normal unseres Bestandsmanagement?
Bestände in unseren Betrieben, die Schwankungsbreite reicht von Alles da, über totales Chaos bis zu Nichts geht mehr!
06.12.2022 | Artikel von Jost H. Buthmann
Mal ehrlich, ist das überhaupt ein relevantes Thema in unseren Führungsetagen? Die Frage ist absolut berechtigt und wir denken JA. Wir gehen aus unmittelbaren eigenen Erfahrungen mit Mandanten sogar so weit und wagen die These, dass wo noch nicht geschehen, dieses Thema auf die Tagesordnung gehört.
Die Ausgangssituation scheint nichts weniger als dramatisch. Bestände oder gar Überbestände haben in den letzten Dekaden quasi keine Rolle gespielt. Jetzt können alle Bevorratungswünsche gar nicht schnell genug befriedigt werden und noch fragt kaum jemand, wer das alles bezahlen soll:
- Jahrzehnte lang war die Bestandsreduzierung ein Top Thema, die Bestände wurden auf die Straße oder Schiene und zu Lieferanten und Kunden ausgelagert, Hauptsache die Werte standen nicht in den eigenen Lägern und Büchern
- Heute werden „Sicherheitsbestände“ hektisch hochgefahren und gehalten, die Pandemie wie auch die China Lockdowns sind scheinbar unendlich, die abgerissenen Lieferketten brauchen viel Zeit und Geld, um wieder halbwegs zu funktionieren, der weltweite Schiffs- und Containerstau ist zwar aus der aktuellen Berichterstattung raus, aber deshalb noch lange nicht aufgelöst - das alles sind schier endlose Treiber
- Somit schwingt das Pendel der Bestandsführung von einem Extrem in das andere
- Diese hohen Bestände treffen jetzt auf die einbrechende Nachfrage, Stichwort Inflation und Rezession und, zum ersten Mal seit Jahren, auf deutlich und teilweise extrem gestiegene Kapital- und Finanzierungskosten, eben auch für diese Bestände und die drohenden Überbestände
Um die Relevanz dieser Themenstellungen noch gezielter und vor allem lösungsorientierter zu hinterfragen haben wir folgende Hypothesen, Ableitungen und Fragestellungen gewagt:
1. Managementkriterien
Haben wir auf der Managementebene sichergestellt, dass die Auswahl der richtigen Kriterien zur Abstimmung zwischen den beteiligten Abteilungen vorliegt und von allen verstanden, umgesetzt und gelebt wird? Sind die ESG-Themen, also der Bewertungsmaßstab des Kapitalmarktes für die Nachhaltigkeit unseres Unternehmens auch in der Bestandsführung und Beschaffung berücksichtigt? Ist die beschriebene Ausgangssituation also real, ist das Thema Bestände in Einkaufs-, Finanz- und Controlling-Abteilungen der Firmen präsent, wird das als relevant wahrgenommen? Kann es gelingen sich von den extremen Pendelausschlägen abzukoppeln? Und wenn ja, wie? Birgt das vielleicht sogar Wettbewerbsvorteile, getreu dem Motto …pendelst Du noch oder managst Du schon…?
2. Prozesse
Funktionieren unsere Prozesse sauber und reibungslos? Wo und wie müssen wir strategisch nachsteuern, damit die operativen Ebenen nicht im Regen stehen bleiben? Konfrontiert mit sich ständig ändernden Preisen und Konditionen, wie wird die Bewertung der Bestände wirklich gemanagt? Wie laufen die Absprachen zwischen Einkauf, Finanzen und der Geschäftsführung hierzu? Die anhaltende Verunsicherung und der Einfluss durch Krieg sowie regionale und globale Krisen machen zuverlässige Forecast-Zahlen -qualitativ und zeitlich- fast unmöglich, auch für den Vertrieb. Wie steuern wir das trotzdem, wie wird das optimiert?
3. Schnittstellen
Sind die Schnittstellen im Unternehmen sauber aufgesetzt und allen Beteiligten bewusst? Greifen die vielen kleinen Rädchen sauber ineinander? Passiert die Auseinandersetzung mit der Bestands-Problematik wirklich in der Geschäftsführung und in der Abstimmung mit dem Einkauf und dessen Schnittstellen, vor allem mit dem Vertrieb, mit der Supply Chain Planung sowie mit Finanzen und Controlling? Wird die Sortimentsvielfalt und die dazugehörende Komplexität aktiv reduziert, mindestens aber gesteuert?
4. Entscheidungswege und Entscheidungsträger
Ist allen Beteiligten klar, wie und mit wem informierte Entscheidungen sehr zeitnah getroffen werden können, samt der dazugehörenden Kommunikation und Dokumentation? Wird das „richtige“ Maß der Bestandsführung wirklich gemeinsam austariert? Wird gerade die kritische Abstimmung zwischen Einkauf und Vertrieb aktiv gemanagt?
Klar schein heute nur, das aus single-sourcing gezielt wieder multiple-sourcing wird. Sind an dieser Stelle die politischen und wirtschaftlichen Risiken der Bezugsländer und -regionen angemessen berücksichtigt? Ist Südost-Europa automatisch die richtige Wahl zur Risikostreuung oder ist es langfristig und strategisch doch Südwest-Europa?
Ebenso klar ist auch, aus Asien-sourcing wird wieder ein globales-, EU-weites, Deutschlad-sourcing. Ist das wirklich so klar? Sollte eben nicht automatisch Europa / D, sondern besser doch Südamerika das zweite globale Standbein werden?
5. Krisenmodus
Haben wir ein verlässliches Frühwarnsystem aufgebaut, gibt es entsprechend gute Frühindikatoren? Als Segler habe ich es da leicht, so schön Sonne und viel Wind auch sind, der nächste heftige Sturm kommt garantiert, kündigt sich aber auf allen Wetterkarten an. Wo also sind unsere Wetterkarten? Wann schalten wir gezielt in den Krisenmodus und wie läuft das ab? Wir sind die Kapitäne, die Richtung und Orders ausgeben, um Sicherheit und Orientierung zu bieten, um die Kontrolle zu behalten und Panik zu vermeiden. Welches Bestandsziel /-maß ist also das wirklich Richtige? Wie und was ist die Strategie hinter diesen Festlegungen? Wie viele Strategien und wofür braucht es, die Top 5/10 Rohstoffe / Packstoffe? Was sind die größten Herausforderungen / Hemmnisse für Ihr Bestandsmanagement in den kommenden Monaten? Welch kritische Rolle spielen die Ressourcen, das Personal, die vorhanden Kompetenzen und Methoden, die passenden Tools, die Unternehmens- und Führungskultur?
Wir wollen das im Rahmen einer Studie und qualitativen Expertenbefragung validieren. Und um es mit den Worten unserer angelsächsischen Freunde ganz deutlich zu sagen …your feedback is more than welcome…!
Ihr Ansprechpartner Jost H. Buthmann
Tel.: +49 (0 ) 6192 40 269 0
Email: jost.buthmann@anxo-consulting.com
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