Beschaffung / Einkauf - Wann endlich wird alles wieder gut?
13.10.2022 | Artikel von Jost H. Buthmann
Die Frage ist berechtigt. Wir sprachen an dieser Stelle im Frühjahr, kurz vor dem Krieg, davon, dass just-in-time zu just-in-case wird. Wir alle wollten lernen mit dem Unvorhersehbaren umzugehen. Heute steht fest, das ist zwangsweise das neue Normal.
Die externen Schockwellen, Pandemie, Krieg, Inflation/Rezession, Materialpreise, Energiekosten, gerissene Lieferketten und jetzt auch noch Liquiditätsengpässe wirken mit voller Wucht und in unterschiedlichen Kombinationen parallel auf unsere Unternehmen ein. Ein Problem dabei ist, die Pandemie hatte in allen Volkswirtschaften rund um den Globus und den Betrieben bereits riesige Löcher hinterlassen, den Welthandel und die Weltkonjunktur ausgebremst, den „Normalbetrieb“ seither nicht wieder erreicht und schon sitzt der nächste Schock. Einer aktuellen Restrukturierungsstudie* zufolge sind für zweidrittel aller Experten die Rohstoffpreise und Inflation, die geopolitischen Verwerfungen und unser aller schrumpfende Kaufkraft, verursacht durch explodierende Lebenshaltungskosten und Energiepreise, die größten wirtschaftlichen Risiken. Und das in einer Situation, in der gutes Personal auf allen Ebenen knapp ist und auf Grund demographischer Entwicklungen auch sehr knapp bleiben wird.
Um die Antwort auf die Titelfrage gleich vorwegzunehmen, gar nicht! Wir müssen ehrlich bleiben und an dieser Stelle ist die Wahrheit eiskalt. Alle Experten* sehen eine Besserung frühestens ab Mitte unserer Dekade.
Die einzige Chance, die wir haben, um den neuen multiplen Ungewissheiten und Risiken zu begegnen, ist proaktives Handeln und die Entwicklung geeigneter Strategien und Maßnahmen. Ja, das hat auch ganz viel mit Führung und Kommunikation im Unternehmen zu tun. Mein Kollege Ralf Strehlau das in seinem Leitartikel des aktuellen Betriebsberaters wie folgt formuliert, Zitat: „Krisenmanagement klappt nur top-down, mit einem klaren Konzept, klaren Aussagen und einem Plan, der Sicherheit gibt.“ So viel dazu nur am Rande.
Und nun? Es braucht kurzfristig eine Konzentration der Ressourcen auf folgende Ansätze:
- Ein dezidiertes Risikomanagement, eine fortlaufende Identifikation und Bewertung potenzieller Risiken der Beschaffung muss eingeführt werden
- Die Lieferketten gehören aufgefächert, alternative Bezugsquellen müssen her, ein Lieferantennetz statt starrer Ketten sollte entstehen
- Make-or-Buy Entscheidungen müssen neu bewertet und ggfs. revidiert werden
- Vertikale Integration kann hilfreiche Alternativen bieten
- Think global – act local, wo immer möglich muss wieder mehr eigene Kontrolle und Mitsprache in die Beschaffungswege und Beschaffungszyklen
- Nationale / Kontinentale Bezugsquellen werden vermehrt in Betracht gezogen
- Ein Cash Desk zu einer Liquiditätsüberwachung in Echtzeit, ggfs. unter Einbeziehung von Lieferanten / Kunden, ist unerlässlich
- Klare Strukturen und Aufgabenteilung in der Beschaffung, operativ und strategisch/taktisch, saubere Warengruppenhierarchien und Stammdaten, funktionierende ERP-Systeme und laufende Abstimmung mit Vertrieb und F&E sind ein must have.
Ja, das alles braucht Zeit und Geld, aber von beidem haben wir nie genug. Abwarten und nicht handeln dagegen macht es nur noch schlimmer und für alle Lieferantenmanager/-innen wird es zunehmend schwieriger bis unmöglich werden das Gleichgewicht zwischen Resilienz, Agilität, Liefersicherheit, Qualität, Service und Kosten zu halten. Deshalb wundert es nicht, wenn wir bei Mandanten vermehrt hören, dass für 2023 ff ein „normales“ Budget mit Wachstum und Stabilität geplant wird, aber auch ein „null“ Budget mit Verlusten und Schrumpfung. Da ist die Wahrheit wieder eiskalt.
Parallel dazu ist uns allen klar, dass die Transformation bei der Digitalisierung und ESG-Themen gewissenhaft weiter vorangetrieben werden muss, da ist alternativlos. Und als wäre das alles nicht schon komplex genug / zu komplex, steht zum Jahreswechsel das LkSG auch noch auf der Agenda. Das heißt umfassende Sorgfaltspflichten zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in der gesamten Beschaffung. Und ganz eindeutig Nein, juristische Feinheiten dazu, wen das direkt betrifft, halten nicht. Unmittelbar sind wir alle betroffen, spätestens wenn Großkunden, der Handel und schon jetzt öffentliche Auftraggeber Ihre Ausschreibungsunterlagen dazu modifizieren, kommt die Frage zu der LkSG-Konformität.
Wenn Sie diese Thematik auch im Unternehmen kennen, dann haben wir die Menschen und Methoden, die Werkzeuge und Instrumente um mit Ihnen Beschaffungsmarketing und Lieferantenmanagement gezielt zu entwickeln.
Ihr Ansprechpartner Jost H. Buthmann
Tel.: +49 (0 ) 6192 40 269 0
Email: jost.buthmann@anxo-consulting.com
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