Beschaffung / Einkauf

 JA, alles wird teurer und Ware kommt trotzdem keine!

 

 

26.01.2022 | Artikel von Jost H. Buthmann

 

Okay, da ist etwas dran, nur wir müssen bitte ehrlich bleiben. Einkauf -wie im Titel beschrieben-, das machen wir alle abends auf dem Heimweg noch schnell beim Bäcker und im Supermarkt. Ich rede hier aber von Procurement, von procure-to-pay, und wenn auch nicht wörtlich übersetzt, von Beschaffungsmarketing und Lieferantenmanagement. Das ist bekanntlich vielmehr als Einkauf und beinhaltet komplexe Themen wie die Erschließung von Lieferanten Know-how und F&E Kapazitäten, gemeinsame und nachhaltige Produktentwicklungen und Investitionsplanungen, Co-Branding und
-Marketing sowie das ganze Paket der kommerziellen Konditionen.

Aber dennoch und allen noch so ausgeklügelten Supply-Chain-Risk-Management und ERP-Tools zum Trotz, steht mein Chef an meinem Schreibtisch und fragt, wo die Rohstoffe und Packmittel bleiben, weil unseren Produktionslinien und Werken der Stillstand droht, bzw. der teilweise schon Fakt ist.

Globale Angebots- und Nachfrageschwankungen, Materialengpässe, Logistikprobleme und Cyber Crime halten die Lieferantenmanager*Innen schon länger fest im Griff, sind aber irgendwie bekannt und „gehören halt dazu“. Die Pandemie, ganze Hafenschließungen, weil bei einer Person der Verdacht auf eine Coronainfektion besteht, ein gigantischer Schiffs- und Containerstau vor allen großen Häfen weltweit sowie Naturkatastrophen und Wetterextreme immer größeren Ausmaßes haben die weltweiten Lieferketten jetzt reißen lassen.

Nur um sich das einmal auf der Zunge zergehen zu lassen: Laut Global Distribution Indicator von Kühne + Nagel liegen rund um den Globus ca. 10% aller Container und Schiffe -unfassbare 564 Containerfrachter- auf Reede und das ca. 10x mal so lange wie gewohnt. Die Container fehlen an Land und die Schiffe auf allen großen Frachtrouten. Da darf es niemanden überraschen, dass die 90% plus Lieferquote längst auf 60-70% und in Teilen noch schlimmer gesunken ist.

Und nun? Der beschriebene Zustand, soviel ist bei der aktuellen Faktenlage offensichtlich, wird noch eine ganze Weile anhalten. Industrie- und Wirtschaftsexperten sprechen frühestens ab Sommer / Herbst diesen Jahres von ersten Besserungen.

Und wie gehen wir damit um? Resilienz ist das neue Schlagwort und das meint weit mehr als nur robuste und widerstandsfähige Aufstellungen. Resiliente Systeme geben in der Krise nach und sind dann aber in der Lage durch schnelles Reagieren und Anpassen in den ggfs. neuen Normalzustand zurückzufedern. Um das zu können, stehen Transparenz und Datenaustausch sowie -qualität an oberster Priorität, und zwar live und in Echtzeit. Alle Schnittstellen der Fertigungs- und Lieferkette müssen verbunden sein, um ein granulares und doch holistisches Bild der Situation zu liefern. Nur dann können wir die Krisen, die Einschnitte richtig einordnen, informierte Entscheidungen treffen und folglich Abhilfe schaffen.

Zugegeben, zur Wahrheit gehört auch folgendes: Ohne saubere Datenplattformen, smarte Technologien und die dazu gehörenden Investitionen wird es für Lieferantenmanager*Innen zunehmend schwieriger bis unmöglich werden das Gleichgewicht zwischen Resilienz, Agilität, Ausfallsicherheit, Qualität, Service und Kosten zu halten.

Es ist vollkommen illusorisch auf die schnelle weg von global zurück zu wieder mehr regional zu kommen, das braucht zu viel Zeit. Die Großen mit ihren scheinbar unendlichen Ressourcen können in jegliche Systeme investieren. Ganze 17 Fraunhofer Institute beispielsweise haben sich mit einem gemeinsamen White Paper RESYST in das Verständnis einer resilienten Wertschöpfung vertieft und schreiben Resilienz als entscheidenden Wettbewerbsfaktor aus und damit allen Unternehmensführen in ihre Stammbücher. Der Rest von uns hat schon Schwierigkeiten genügend Budget für eine Kopie diese White Papers zu organisieren. Da bleibt nur eines, „Den Stier bei den Hörner packen“ und rein in die Arena:

  • Alle verfügbaren Kräfte müssen kurzfristig mit anpacken, globale Internetrecherche und Telefonansprachen bringen erste Lösungsansätze, das Netzwerk muss jetzt funktionieren, dazu passt auch, dass fast alle CPO Kolleg*Innen den direkten persönlichen Austausch, das Sparring mittlerweile schmerzlich vermissen
  • Rohstoffe und Packmittel müssen auf potenzielle Lieferprobleme abgeklopft werden, auch die first und second tier Produkte der Lieferanten
  • Die Abhängigkeiten müssen reduziert werden, single source Materialien gehören ausformuliert, Mehr-Lieferanten-Strategien sind auszubauen, wir müssen raus aus den angestammten Beschaffungsregionen und wieder alle Währungsräume nutzen
  • Alle Spezifikationen und Rezepturen gehören auf den Prüfstand, weg von Lieferanten-spezifikationen hin zu eigenen Anforderungsprofilen
  • Die Lagerstrategie muss überarbeitet werden, Frühwarnsysteme zu Verzögerungen und Ausfällen müssen neu kalibriert und ausgerichtet werden

 

Im Grunde ist die Abkehr von just-in-time unabwendbar. Wir müssen lernen mit just-in-case umzugehen. Anders gesagt, was machen wir, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert….

Wenn Sie diese Thematik auch im Unternehmen kennen, dann haben wir die Menschen und Methoden, die Werkzeuge und Instrumente um mit Ihnen Beschaffungsmarketing und Lieferantenmanagement gezielt zu entwickeln.

 

Ihr Ansprechpartner Jost H. Buthmann

Tel.: +49 (0 ) 6192 40 269 0
Email: jost.buthmann@anxo-consulting.com

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